Leichte Übelkeit nach der Trump-Rede
28. April 2016Donald Trump versuchte, präsidial und rhetorisch gemäßigt aufzutreten. In seiner mit Spannung erwarteten außenpolitischen Rede vermied er es denn auch, den umstrittenen Vorschlag zu erwähnen, der ihn einst in die Schlagzeilen brachte und zum Darling von Rechts-Populisten in den USA und Europa machte: eine Mauer entlang der US-Grenze zu Mexiko zu bauen. Stattdessen kamen Mexiko oder mexikanische Einwanderer, die er im Wahlkampf wiederholt beleidigt hatte, in der 3496-Wörter langen Rede des führenden republikanischen Präsidentschaftskandidaten schlicht nicht vor.
Stattdessen versuchte er, ein schlüssiges Konzept einer Trump'schen Außenpolitik zu skizzieren. Das tat er mit Hilfe eines Teleprompters, wohl um ein mögliches Abschweifen bei einem Thema, über das er erklärtermaßen wenig weiß, zu vermeiden. Doch auch mit Teleprompter klappte das nicht.
Populismus und Widersprüche
Denn der Inhalt der Rede trug wenig dazu bei, die Sorgen angesichts einer möglichen Trump-Präsidentschaft zu zerstreuen. Trump wiederholte sein populistisches Mantra, er werde Amerika zu alter Stärke zurückführen. Dazu kam das Schlagwort "Amerika zuerst", ergänzt um ein Sammelsurium widersprüchlicher Aussagen und vager Versprechungen.
Ein Beispiel: Trump erklärte den US-Verbündeten, "Amerika wird wieder ein verlässlicher Freund und Partner werden". Gleichzeitig aber droht er ihnen, sie alleine zu lassen, wenn sie nicht mehr Geld für ihre Verteidigung in die NATO steckten oder wenn sie nicht den amerikanischen Vorgaben folgten.
Trump wiederholte seine Ankündigung, er werde mit den Terroristen des "Islamischen Staates" kurzen Prozess machen, am besten mit Unterstützung von Staaten aus dem Nahen Osten. Details, wie genau er dies umsetzen will, blieb er aber schuldig.
Trump betonte seine Bereitschaft zu wirtschaftlichen Strafmaßnahmen, um neue oder bestehende Handelsabkommen so auszugestalten, dass sie den USA nützten. Auch hier fehlten Einzelheiten, warum und wie US-Handelspartner dazu veranlasst werden könnten, solchen Verträgen zuzustimmen.
Unter seiner Führung würden die USA kein "nation building" mehr betreiben, sagte Trump, sondern sich stattdessen primär um sich selbst kümmern. Gleichzeitig verkündete er jedoch, die USA würden dauerhaft die Rolle des "Friedensmachers" spielen. Wie Trump diesen Zielkonflikt aufzulösen gedenkt, bleibt sein Geheimnis.
Entsetzen in Europa
Europäische Beobachter reagierten denn auch mit Entsetzen auf Trumps außenpolitische Vorstellungen. "Ich muss zugeben, das mich ein leichtes Gefühl von Übelkeit überkam", sagte Federiga Bindi, die an der Universität Tor Vergata in Rom europäische Integration lehrt: "Trump ist der ultimative Populist, der es schafft 'Amerika-Über-Alles' mit einem Ultra-Pazifismus, einem verbitterten Militarismus und mit Einfältigkeit zu verbinden."
Recht unverblümt ordnete auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier Trumps Rede ein. Internationale Konflikte seien heute nur noch lösbar, wenn sich die Großen wie die USA und Russland sowie andere Staaten zusammentäten, sagte der deutsche Chefdiplomat in Berlin. "An dieser veränderten Realität in der internationalen Sicherheitsarchitektur wird kein amerikanischer Präsident vorbei können. Deshalb ist 'America first' eigentlich ist keine Antwort darauf." Zudem sehe er Widersprüche in der Rede, sagte Steinmeier. Auf der einen Seite werde die Forderung "Amerca first" vertreten, auf der anderen Seite ein Rückzug Amerikas aus der Welt gefordert. "Beides scheint mir noch nicht so recht zusammen zu passen."
Amerikanische Version von Le Pen und Orban
"Ich bin Europäer und ich habe die amerikanische Version von Le Pen, Orban und anderen europäischen Populisten gehört, die uns glauben machen wollen, dass Zusammenarbeit durch die Abgabe von Souveränität die Wurzel allen Übels ist", sagte Josef Janning, Leiter des Berliner Büros des European Council on Foreign Relations.
"Für jemanden, der sich mit der Geschichte der amerikanischen Diplomatie beschäftigt, ist es zutiefst beunruhigend und aufwühlend zu hören, wie der wahrscheinliche Präsidentschaftskandidat der Republikanischen Partei wiederholt und vehement über 'America First' spricht", sagte Vincent Michelot, Politikwissenschaftler an der Universität Sciences Po in Lyon. "Denn dieser Slogan bezieht sich auf eine der dunkelsten Zeiten des amerikanischen Populismus in Bezug auf die Außenpolitik."
Ärger für Europa
Sollte Trumps Rede der Versuch gewesen sein, wieder eine Brücke zu bauen zum außenpolitischen Establishment der Republikanischen Partei, das ihn im vergangenen Monat in einem offenen Brief scharf kritisiert hatte, dann ging das ebenfalls daneben. "Falls dies als ernsthafte Außenpolitik-Rede gedacht war, dann ist das misslungen", sagte Matthew Kroenig, Verteidigungsexperte an der Georgetown University in Washington und außenpolitischer Berater des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Mitt Romney im Jahr 2012. "Nach dieser Rede sollten wir nicht weniger, sondern noch besorgter über die Außenpolitik eines Präsidenten Trump sein."
Für Europa, betonte Janning, könnte der Unilateralismus und die "Amerika First"-Rhetorik Trumps "viel Ärger bedeuten, denn es könnte US-Interventionen in der islamischen Welt nach sich ziehen, die scheitern oder ernsthafte Konsequenzen haben werden." Jannings französischer Kollege Michelot ist ebenfalls "alarmiert und niedergeschlagen" von dem, was er gehört hat. Doch Michelot zumindest kann Trumps Rede auch etwas - unfreiwillig - Positives abgewinnen: "Die Rede bestätigt, dass vorbehaltlich einer Katastrophe im Sommer oder Frühherbst, der nächste Präsident der Vereinigten Staaten eine Frau sein wird."