Lebhafte Debatte um Mindestlohn
30. Juni 2014Führende Politiker der SPD haben die Mindestlohn-Pläne der schwarz-roten Koalition gegen die Kritik der Gewerkschaften verteidigt. Die für Donnerstag vorgesehene Verabschiedung sei "ein ganz großer Schritt für mehr soziale Gerechtigkeit in Deutschland, sagte Fraktionschef Thomas Oppermann der Nachrichtenagentur dpa."Das ist eine Sozialreform von historischem Ausmaß". SPD-Vize Olaf Scholz meinte, die in der Koalition ausgehandelten Kompromisse seien alle gut vertretbar.
Die Kritik der Gewerkschaften entzündet sich vor allem an den geplanten Ausnahmen. Union und SPD hatten sich am Freitagabend auf Änderungen für die Zeitungsbranche, Saisonarbeiter und Praktikanten verständigt. Verdi-Chef Frank Bsirske kritisierte daraufhin, mit einer Vielzahl von Ausnahmen habe die Koalition den gesetzlichen Mindestlohn "brutal amputiert". So werde mindestens drei Millionen Menschen ein Lohn von 8,50 Euro pro Stunde verwehrt. DGB-Chef Reiner Hoffmann kündigte im ARD-Morgenmagazin Widerstand bis zu letzten Minute an.
Widerstand auch aus der SPD
Für den Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses des deutschen Bundestags, den CSU-Politiker Peter Ramsauer geht das Vorhaben "nach wie vor wirtschaftspolitisch in die falsche Richtung". Viele Wirtschaftspolitiker der Union würden deshalb gegen das Gesetz stimmen, sagte er der "Bild"-Zeitung. Ramsauer übte in diesem Zusammenhangheftige Kritik am wirtschafts- und sozialpolitischem Kurs der Koalition:"Wir sind dabei, unsere Energiekosten zu erhöhen, unsere Sozialkosten zu erhöhen und Investitionen herunterzufahren. Damit gefährden wir die Wettbewerbsfähigkeit und Zukunft Deutschlands."
Widerstand kommt allerdings auch aus der SPD. Der Vorsitzende der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA), Klaus Barthel, lehnte die jüngsten Vereinbarungen strikt ab. "Die angedachten weiteren Ausnahmen beim Mindestlohn belegen, dass es einigen in der Union nicht um die sachgerechte Umsetzung des Koalitionsvertrages geht, sondern um die systematische Durchlöcherung des Mindestlohnes bis zur Unkenntlichkeit", sagte er "Handelsblatt Online". Die Vorschläge seien eine "Einladung für Umgehungen und Missbrauch, auch zulasten der Sozialkassen".
Linkspartei: Ausnahmen sind verfassungswidrig
Dagegen verteidigte Bundeslandwirtschaftminister Christian Schmidt die Mindestlohnausnahmen für Agrar-Saisonarbeiter. Diese Ausnahmen "für Betriebe im Obst- und Gemüseanbau sind keine Durchlöcherung des Gesetzes, sondern ein Beitrag zur Überlebensstrategie heimischer Betriebe", sagte der CSU-Politiker der "Passauer Neuen Presse". Ohne solche Regelungen würden manche Arbeitsplätze zukünftig nicht mehr bestehen.
Scharfe Kritik an den geplanten Ausnahmen übte auch die Linkspartei. Das jetzt vorgesehene Gesetz lese sich "wie eine Satire auf das SPD-Wahlprogramm, sagte Linken-Parteichef Bernd Riexinger der "Frankfurter Rundschau". Die Ausnahmen seien dazu verfassungswidrig, weil sie eklatant gegen das Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes verstießen.
gmf/re (afp, dpa, rtr)