Lauter als die Hölle
31. Juli 2009Die inoffizielle Eröffnung des Festivals hatte bereits am Mittwochabend (29.07.2009) die örtliche Feuerwehrkapelle übernommen. Traditionell heizen die Dorfmusikanten den schon angereisten Festivalteilnehmern mit Blasmusik ordentlich ein. Auch wenn bei ihnen der Anteil der Heavy-Metall-Musik gering war, tat das der Stimmung keinen Abbruch.
Heavy-Metall und Gottes Segen
Den eigentlichen Auftakt zum "Wacken Open Air"-Festival machte am Donnerstag der Veranstalter Thomas Jensen und die Gruppe "Skyline". Vor der Bühne versammelten sich einige Hundert meist schwarz gekleidete und grell geschminkte Hard-Rock-Fans. Die Begeisterung galt am ersten Abend einerseits der Musik und andererseits einer Trauung. Als eingefleischte Heavy-Metall-Fans wollten Marina und Frank an Ort und Stelle Gottes Segen bekommen. Kirchenlieder und Hochzeitsmarsch durften ebenfalls nicht fehlen. Wackens Pastor Lars Därmann trug ein T-Shirt mit der Aufschrift "Ich gehöre zu Gottes Bodenpersonal".
Ansonsten aber steht die Musik bei dem seit Wochen ausverkauften Wacken Open-Air im Vordergrund. Zum 20. Jubiläum werden unter anderen Motörhead, Doro, Saxon, Bon Scott und Antrax erwartet. Unter dem Motto "20 Jahre lauter als die Hölle" wird das kleine schleswig-holsteinische Dörfchen für drei Tage in das internationale Zentrum des Heavy Metall verwandelt.
Geben und Nehmen
Veranstalter Thomas Jensen kennt das Geheimnis des weltweiten Erfolges: "Wir sind auch mit über 70.000 Besuchern immer noch ein familiäres Festival. Hier ist alles vertreten, von der ersten bis zur dritten Generation." Zudem gibt es zwischen den Veranstaltern und dem 1800-Seelen Dorf eine Absprache auf Gegenseitigkeit. Das Dorf hilft bei der Veranstaltung, das Festival sponsort Kindergarten und Schwimmbad.
Auf Gegenseitigkeit ist auch das Verhältnis zwischen Opa Willi (89) und den Festival-Teilnehmern aufgebaut. Willy bläst aus Leibeskräften "So ein Tag, so wunderschön wie heute…" auf seiner Posaune, während die Freunde der harten und scheppernden Klänge an seinem Haus zum Festivalgelände vorbeiziehen. Einige brüllen "Waaaacken" und strecken ihm den kleinen und den Zeigefinger zum Szene-Gruß entgegen. Opa Willi steht mehr auf deutsche Schlager und findet das Treiben in seinem Dorf befremdlich.
Die Schweinegrippe lässt grüßen
Aktuelle Ereignisse machen jedoch auch vor dem kleinen Ort nicht halt: Das Festival steht in diesem Jahr unter dem Eindruck der sich rasant ausbreitenden Schweinegrippe. Mit einem großen Vorrat an Medikamenten und einigen Isolationsräumen wollen Sanitätsdienste einem Ausbruch der Grippe in Wacken vorbeugen. Zudem werden die Festival-Teilnehmer angehalten, bestimmte Hygieneregeln einzuhalten. Ob es allerdings ausgerechnet bei einem Heavy-Metall-Festival gelingt, Umarmungen, Küsse, Händeschütteln und das Herumreichen von Flaschen zu vermeiden, ist mehr als fraglich.
Das Festival hat seit seinem Beginn eine rasante Entwicklung genommen. Waren 1990 beim ersten Festival gerade mal 800 zahlende Besucher in Wacken, sind heute 2500 Journalisten akkreditiert. Das Ticket für drei Tage kostet 130 Euro, zudem wird mehr als eine Million Euro mit Merchandising-Artikeln umgesetzt. 75.000 Fans lauschen 90 Bands und konsumieren dabei mehr als 100.000 Liter Bier. Dem entspricht die Aufstellung von 1500 mobilen Toiletten und ein Müllberg von 700 Tonnen. (hel/rri/dpa/AP)