Motiv des Todesschützen weiter unklar
5. Oktober 2017Nach ihrer Befragung durch die US-Bundespolizei FBI ließ Marilou Danley über ihren Anwalt erklären, sie habe nichts von den Plänen ihres Lebensgefährten gewusst. "Er hat nie etwas zu mir gesagt oder etwas getan, das ich als Warnung hätte verstehen können, dass so etwas Schreckliches passieren würde". Sie habe Stephen Paddock als "freundlichen, liebevollen, stillen Mann" gekannt. Sie habe ihn geliebt und auf eine "ruhige gemeinsame Zukunft" mit ihm gehofft.
Vor zwei Wochen habe Paddock ihr dann ein Flugticket gebucht, um ihre Familie in den Philippinen besuchen zu können, berichtete Danley. Als Paddock ihr während des Aufenthalts Geld für den Kauf eines Hauses überwiesen habe, habe sie zunächst befürchtet, dass er sich von ihr trennen wolle. "Es ist mir nie in den Sinn gekommen, dass er in irgendeiner Weise Gewalt gegen irgendjemanden plante", fügte Danley hinzu.
Erschüttert über die Bluttat
Die Australierin war laut Medienberichten vor 20 Jahren in die USA ausgewandert. Paddock lernte sie demnach vor einigen Jahren in einem Casino in Reno im Bundesstaat Nevada kennen, wo sie als Hostess arbeitete. Der spätere Massenmörder war ein leidenschaftlicher Spieler und besuchte häufig Casinos. Danley war am Dienstag von dem Urlaub in ihrer philippinischen Heimat zurückgekehrt und von FBI-Beamten am Flughafen in Empfang genommen worden.
Die Ermittler hatten sich von der 62-jährigen Australierin Einblicke in die möglichen Motive des 64-jährigen Stephen Paddock erhofft, der am Sonntagabend von seinem Hotelzimmer aus 58 Besucher des "Route 91 Country Music Harvest Festivals" erschossen hatte. Nach neuen Angaben der Polizei wurden 489 weitere verletzt. Danley zeigte sich erschüttert über die Bluttat. Als Mutter und Großmutter fühle sie mit allen, die geliebte Menschen verloren hätten. Sie betonte, sie sei freiwillig nach Los Angeles zurückgeflogen und werde bei den Ermittlungen vollständig mit dem FBI kooperieren.
Neue Details bekannt
Bei der Durchsuchung des Hotelzimmers fanden Polizisten einen Zettel mit einer Notiz. Das berichteten US-Medien unter Berufung auf die Ermittler. Dabei habe es sich nicht um einen Abschiedsbrief gehandelt, sagte der Polizeichef von Las Vegas, Joseph Lombardo. Weitere Details zu dem Schriftstück nannte er nicht. Die Ermittler sind sich Lombardo zufolge zudem sicher, dass Paddock geplant habe, nach seinen tödlichen Schüssen noch zu fliehen. Als Einsatzkräfte das Zimmer im 32. Stock des Mandalay-Bay-Hotels umstellten, fanden sie zwei Kameras, die Paddock auf einem Servierwagen im Flur vor seinem Zimmer installiert hatte, wie der Sender CNN berichtete. Eine weitere habe im Guckloch der Zimmertür gehangen. "Er tat zu diesem Zeitpunkt alles ihm Mögliche, um zu sehen, wie er noch fliehen könnte", sagte Lombardo. Als ihm das nicht mehr möglich schien, habe er sich selbst erschossen. In Paddocks Auto im Parkhaus des Hotels hätten Ermittler knapp 23 Kilo Sprengstoff und weitere 1600 Schuss Munition gefunden. Außerdem hatte er neben dem Hotel ein weiteres Zimmer in einem Komplex gemietet, von dem aus er einen Blick auf das "Live is beautiful-Musikfestival" gehabt habe, das vom 22. bis 25. September in Las Vegas stattfand, so Lombardo.
Gab es einen Komplizen?
Angesichts der umfangreichen Vorbereitungen des Täters, der an verschiedenen Orten insgesamt 47 Schusswaffen gehortet hatte, ist nach Angaben des Polizeichefs klar, dass dieser den Angriff gründlich geplant - und möglicherweise auch Unterstützung durch einen Komplizen hatte. Bislang habe die Polizei aber noch keinen Verdächtigen identifiziert. Auch Danley wird von der Polizei nicht als Verdächtige, sondern lediglich als "Person von Interesse" eingestuft.
US-Präsident Donald Trump traf sich am Mittwoch in Las Vegas mit Überlebenden sowie Ersthelfern und Polizisten. Dabei würdigte er den Mut von Opfern, die trotz eigener Verletzungen zuerst anderen beigestanden hätten, den Einsatz der Polizei und anderer ziviler Helfer. Amerika sei eine Nation in Trauer, sagt er. Sie teile das Leid aller, die ihnen nahe stehende Menschen verloren hätten. "Wir stehen an eurer Seite, um zu helfen, euren Schmerz zu tragen", sagte der Präsident. "Ihr seid nicht allein." Zum Stand der Ermittlungen äußerte sich Trump nicht näher. Den Heckenschützen bezeichnete er lediglich erneut als "sehr kranken" und "sehr verrückten" Mann.
bri/sam (afp, dpa)