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Lagarde deutet Zinswende im Juli an

Mischa Ehrhardt
11. Mai 2022

EZB-Chefin Christine Lagarde hat eine Zinswende im Juli angedeutet. Zuvor hatten sich bereits andere Notenbanker ähnlich geäußert. Eine Zinswende scheint absehbar - und auch ein Ende der Strafzinsen für Sparer.

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Christine Lagarde | Präsidentin der Europäischen Zentralbank
Ein bisschen könnten die Zinsen steigen, meint EZB-Chefin Christine LagardeBild: Thomas Lohnes/AFP/dpa/picture alliance

In einer Rede im slowenischen Ljubljana wiederholte EZB-Chefin Christine Lagarde am Mittwoch noch einmal, dass eine Zinserhöhung einige Zeit nach dem Auslaufen der Anleihekäufe kommen könne. Dann aber wurde es spannend: Als sie nämlich sagte, sie habe aber auch sehr deutlich gemacht, dies könne auch einen Zeitraum von nur wenigen Wochen bedeuten.

Was wie eine bloße Wiederholung klingt, ist weit mehr als das. "Das ist schon der Wink mit dem richtig dicken Zaunpfahl. Deutlicher kann man einen solchen Hinweis nicht machen. Bei dem EZB-Treffen am 21. Juli werden wir die erste Zinserhöhung bekommen", sagte Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING gegenüber der DW.

In ähnliche Richtung wie Lagarde äußerte sich am Mittwoch auch Bundesbankpräsident Joachim Nagel. Er sagte, die hohe Inflation schwäche die Kaufkraft der Haushalte und führe in Verbindung mit den Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg zu einem Vertrauensverlust. Nach Ende der Anleihekäufe im Juni sollte eine zeitnahe Zinserhöhung folgen - und dies könne im Juli sein.

Schnelles Handeln erforderlich

Laut Nagel ist schnelles Handeln erforderlich, weil sonst die Gefahr bestehe, dass sich Preise und Löhne gegenseitig aufschaukeln und die Inflationserwartungen aus dem Ruder laufen. Nach der letzten Ratssitzung der EZB Mitte April jedenfalls wollte Christine Lagarde sich noch nicht festlegen, wann im dritten Quartal eine Anhebung der Zinsen kommen könnte. "Es kann früh sein, es kann spät sein. Das dritte Quartal hat drei Monate." Jetzt wird es eher früh.

Christine Lagarde und Bundesbankpräsident Nagel haben am Mittwoch noch einmal unterstrichen, dass die Entscheidungen der Notenbank zum jeweiligen Zeitpunkt basierend auf aktuellen Wirtschaftsdaten erfolgen werden. Damit erhält sich die EZB die aus ihrer Sicht notwendige Flexibilität, um auf Veränderungen reagieren zu können.

Sitz der EZB in Frankfurt am Main
Sitz der EZB in Frankfurt am MainBild: picture-alliance/AP Photo/M. Probst

Seit über sechs Jahren liegt der Leitzins im Euroraum bei null Prozent. Banken, die bei der Zentralbank Geld parken, müssen sogar einen negativen Zins von 0,5 Prozent bezahlen. Damit hat die EZB in den vergangenen Jahren versucht, den Kreditfluss am Laufen zu halten und damit die Wirtschaft zu stärken. Das primäre Mandat der EZB ist es, Preisstabilität zu gewährleisten. Und die sehen die Währungshüter bei einer Inflation von rund zwei Prozent.

Energie als Preistreiber

Da die Inflation in den vergangenen Jahren permanent zu niedrig war, hat die Notenbank mit ihrer ultralockeren Geldpolitik versucht, die Inflation wieder in Richtung zwei Prozent zu treiben. Durch Lieferengpässe während der Pandemie im vergangenen Jahr und steigenden Energiekosten allerdings war die Inflation zum Jahresende bereits deutlich über zwei Prozent geklettert.

Mit dem Ukraine-Krieg und Corona-Lockdwons in China haben sich allerdings die Lieferkettenprobleme noch einmal verstärkt; gleichzeitig sind die Energiepreise explodiert. Daher lag die Inflation im Euroraum zuletzt bei 7,5 Prozent. Und die Wirtschaft stockt. "Aktuell haben wir eine stagnierende Wirtschaft und eine hohe Inflation - also im wahrsten Sinne des Wortes eine 'Stagflation'. Und das ist die größte Herausforderung, die sich eine Notenbank nur vorstellen kann", sagt Carsten Brzeski.

Das Ende der Strafzinsen naht

In der Tat handelt es sich um eine Zwickmühle. Denn normalisiert die EZB zu schnell ihre Geldpolitik und hebt die Zinsen an, droht sie die Wirtschaft abzuwürgen. Denn hohe Zinsen bremsen Investitionen, die gerade in der notwendigen Transformation der Wirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit notwendig sind. Zudem erhöhen steigende Zinsen auch den Druck auf die meisten Regierungen im Euroraum, deren Staatsschulden durch die Hilfsprogramme in der Pandemie hoch sind.

Nichtsdestotrotz sieht sich die EZB nun offenbar unter Druck, mit einer Zinsanhebung zumindest das Zeichen zu setzen, dass sie beginnt, gegen die hohe Inflation anzusteuern. Für Sparer und Sparerrinnen ist das eine gute Nachricht, denn damit steigen dann absehbar auch die Zinsen auf den Sparkonten wieder.

So haben in den vergangenen Wochen einige Banken angekündigt, die Freibeträge für Negativzinsen heraufzusetzen oder ganz abzuschaffen. Mit dem negativen Einlagesatz von 0,5 Prozent bei der EZB für Banken waren die in den vergangenen Jahren dazu übergegangen, so genannte 'Verwahrentgelte' von Kunden mit vorzugsweise hohen Sparguthaben einzuführen. Die dürften mit einer möglichen Zinswende der EZB im Juli dann weitgehend Geschichte sein.