Künstler nach der Flucht: Jarmuk, die Heimat von Aeham Ahmad
Im zerbombten Damaskus hat Aeham Ahmad mit seiner Musik Hoffnung gespendet. Seine Heimat, das palästinensische Flüchtlingsviertel Jarmuk, ist unbewohnbar. Ahmad hofft, irgendwann dorthin zurückkehren zu können.
"Der Pianist aus den Trümmern"
Mitten im syrischen Bürgerkrieg rollt Aeham Ahmad sein Klavier auf die Straße und spielt: gegen den Hass, die Gewalt und den Hunger. Über YouTube wird er so weltweit bekannt. Er spielt im zerbombten Jarmuk, dem palästinensischen Flüchtlingsviertel in Damaskus. Ende 2012 wird Jarmuk von Kämpfen zwischen Rebellen, Regierungstruppen und palästinensischen Gruppen erschüttert.
Jarmuk wird ausgehungert
Das Viertel wird zum Schauplatz des syrischen Bürgerkriegs. 2013 riegelt es die syrische Armee schließlich komplett ab. Die Strategie des syrischen Staatspräsidenten Baschar al-Assad: die Bevölkerung aushungern, bis sie sich von den Rebellen lossagt und flieht. Größtenteils ist das aufgegangen…
In der Falle
Von den einst 150.000 Menschen, die in Jarmuk lebten, sind noch rund 18.000 palästinensische Flüchtlinge übrig, als die Terrormiliz "Islamischer Staat" Anfang April 2015 das Lager stürmt. Durch Hunger, mangelnde Versorgung, Artilleriebeschuss, Fassbomben und Exekutionen wird das Leben der übrig gebliebenen Bewohner zur Hölle.
Trost über YouTube
Die Bevölkerung ist zu diesem Zeitpunkt schon fast zwei Jahre von der Außenwelt abgeschnitten. "Die Menschen haben Hunde und Katzen gegessen und Gras", erzählt Aeham Ahmad. "Ich habe auch Gras gegessen, aber keine Hunde!" Inmitten dieser Verzweiflung rafft er sich dennoch auf, um den Menschen mit seiner Musik ein wenig Trost zu spenden.
Ein Botschafter für Syrien
Nach seiner Flucht über das Mittelmeer nach Deutschland wird Ahmad zu einem musikalischen Botschafter für Syrien. Bei Konzerten macht er die Menschen darauf aufmerksam, was in seinem Heimatland vor sich geht - und berührt sie mit der Intensität seiner Musik. Bald steht er auch mit berühmten deutschen Künstlern auf der Bühne, etwa mit den Sportfreunden Stiller.
Ein Preis für Menschenrechte
Im Jahr 2015 wird Aeham Ahmad dann mit dem 1. Internationalen Beethovenpreis für Menschenrechte, Frieden, Freiheit, Armutsbekämpfung und Inklusion ausgezeichnet. Der Preis ist inspiriert von Ludwig van Beethovens Worten "Wohl tun, wo man kann, Freiheit über alles lieben".
Musik gegen die Übergriffe von Köln
Im Januar 2016 spielte Ahmad auf dem Platz vor dem Kölner Hauptbahnhof bei der Demonstration "Syrische Flüchtlinge sagen Nein zu den Übergriffen von Köln!". Dort waren am Silvesterabend zahlreiche Frauen im Getümmel sexuell bedrängt und bestohlen worden.
Musik aus Deutschland und Syrien
Mit dem Pianisten Edgar Knecht hat Aeham Ahmad einen musikalischen Weggefährten gefunden: "Edgar spielt meine Musik so, wie ich sie fühle". Nach etlichen gemeinsamen Konzerten veröffentlichen Ahmad und das Edgar Knecht Trio im Oktober 2017 ihr erstes gemeinsames Album "Keys to Friendship".
"Und die Vögel werden singen"
2017 erscheint auch Ahmads Autobiografie. Darin erzählt er von seiner Kindheit im noch friedlichen Damaskus, aber auch vom Krieg und seiner Flucht. Mit dem Buchtitel erinnert er daran, dass es in Jarmuk kaum mehr Vögel gibt. Weil die Nahrung knapp ist, werden sie gegessen - oder von den Granaten vertrieben. Irgendwann wird wieder Frieden sein, hofft Ahmad – und die Vögel werden wieder singen.