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Auf der grünen Welle

Jess Smee
20. März 2018

Schiffe sind gewaltige Dreckschleudern. Unternehmen wollen die Schifffahrt revolutionieren. Könnten Elektromotoren die Lösung des Problems sein?

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Ein Containerschiff im Hafen von Rotterdam (Quelle: picture-alliance / dpa / M. Murat)
Bild: picture-alliance/dpa/M. Murat

Die ersten Lastkähne, die zu 100 Prozent elektrisch betrieben werden, stehen kurz vor ihren ersten Touren. Sie sollen ab Ende des Jahres die stark frequentierten Häfen von Antwerpen in Belgien und Amsterdam, sowie Rotterdam in den Niederlanden anfahren. Ihr Einsatz soll die Zahl der umweltverschmutzenden Diesel-LKW, die zwischen den Städten Waren transportieren, reduzieren.

Werbewirksam werden die emissionsfreien Kähne auch "Tesla-Schiffe" genannt. Sie sind Teil einer ganzen Reihe von elektrischen oder hybrid-betriebenen Wasserfahrzeugen, die in Zukunft Europas Häfen anlaufen sollen. Entwickelt hat die Lastkähne das niederländische Unternehmen Port-Liner. Das erklärte Ziel: Schifffahrt und Frachttransport revolutionieren.

Entwurf des elektrischen Binnenschiffs von Port-Liner (Quelle: Omega Design Druten)
Die "E-Schuten" von Port-Liner werden mit Batterien betrieben, die mit sauberem Strom geladen werdenBild: Omega Design Druten

"Für uns erscheint es einfach nicht mehr sinnvoll, neue Schiffe weiterhin mit Dieselmotoren auszurüsten", sagt Ton van Meegen, der Geschäftsführer von Port-Liner. Sein Unternehmen wird von der EU mit 100 Millionen Euro (124 Million US-Dollar) unterstützt. "Unsere Schiffe werden für Jahrzehnte im Einsatz sein", sagt er weiter. "Elektrische Motoren sind ganz eindeutig die Richtung, in die sich die Industrie bewegt."

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Seit März werden fünf Schiffe gebaut. Jedes einzelne kann bis zu 24 Container transportieren. Insgesamt könnten so 23.000 Fracht-LKW von den Straßen verschwinden. Das allein spart CO2 ein. Das Unternehmen will außerdem die Batterien der Frachter mit sauber erzeugtem Strom laden.

Anfangs werden die Schiffe noch von einer Crew bewegt, auf längere Sicht sollen sie aber autonom durch das Wasser pflügen.

Den Schiffssektor reinigen

Viel dreckiger als mit Schiffen kann Warentransport nicht sein. Frachter fahren auf internationalen Gewässern mit Schweröl, der schmutzigsten aller Dieselvarianten. Abgase, die aus solchen Motoren kommen, enthalten auch Stickstoff- und Schwefeloxide (NOx und SOx) in hohen Konzentrationen, die mit Asthma, Lungenkrebs und Herzerkrankungen in Verbindung gebracht werden.

Ein Antwerpener Hafenangestellter betrachtet Container und Kräne (Quelle: picture-alliance / dpa / Belga / D. Waem)
Wegen des Wettbewerbs zwischen den Häfen halten sich Betreiber bei der Umsetzung grüner Technologien zurückBild: picture-alliance/dpa/Belga/D. Waem

Der Transport zu Wasser ist verantwortlich für etwa drei Prozent der weltweiten Emission von Treibhausgasen, heißt es bei der EU-Kommission.

In einem ersten Schritt soll aber nun der Schwefel im Schiffsdiesel deutlich verringert werden. Die International Maritime Organization beschäftigt sich mit allem, was mit Schifffahrt zu tun hat. Die UN-Organisation hat beschlossen, dass der Schadstoffwert ab 2020 von 3,5 auf 0,5 Prozent sinken muss.

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Damit könnten ein Drittel der Erkrankungen, die mit dem Schiffsverkehr in Verbindung gebracht werden, vermieden werden, schrieb das Fachblatt Nature im Februar 2018. Erkrankungen bei Kindern, jährlich immerhin 14 Millionen, könnten sogar um die Hälfte sinken, heißt es dort.

Das International Chamber of Shipping (ICS), immerhin die größte Schifffahrt-Organisation der Welt, unterstützt die Pläne zur Schadstoffreduktion. Man sei da in einer Linie mit dem Pariser Klimaschutz-Abkommen, sagt Peter Hinchliffe, der Generalsekretär des Verbandes, gegenüber der DW.

Ein Frachtschiff auf dem offenen Wasser (Quelle: Getty Images / AFP / G. Kirk)
Schiffe, die lange Strecken über die Ozeane zurücklegen, haben keine Möglichkeit, Batterien aufzuladen, daher können E-Schiffe vorerst nur auf kürzeren Strecken unterwegs seinBild: Getty Images/AFP/G. Kirk

Sind Batterien tatsächlich die Lösung für die Schifffahrt?

Lucy Gilliam nennt striktere Regulierungen und die Produktion von leistungsstärkeren Batterien, mit geringerem Gewicht  eine "Energie-Revolution."

"In ganz Europa gibt es eine regelrechte Welle von Entwicklungen, die den Schiffssektor auf den Kopf stellt", so die Expertin der Organisation Transport and Environment. "Wir müssen Zweifel zerstreuen, Batterien sind nicht zu schwer und haben genug Energie. Da hat es in den vergangenen Jahren große Fortschritte gegeben", sagt sie.

Insbesondere auf kürzeren Strecken nähmen sich Batterie und Treibstoffgewicht nichts, so Gilliam. Bei Ozeanriesen, die auf den Weltmeeren unterwegs sind, ist die Rechnung allerdings nicht so einfach. Sie können sich nicht auf kleinere, effektive Batterien verlassen und werden wohl nicht in absehbarer Zeit vollständig elektrisch unterwegs sein.

"Angesichts der derzeitigen technologischen Einschränkungen, scheint die Elektrifizierung heute auf kleinere Unternehmen beschränkt zu sein, die nur kurze Strecken befahren", sagt Hinchliffe. Aber Druck sei nötig, fügt er hinzu, um den Schifffahrtssektor zur Entwicklung sauberer Antriebe zu bewegen.

Ein Lastwagen mit Containern (Quelle: picture-alliance / dpa / J. Woitas)
Laut Port-Liner werden die E-Schiffe die Straßen von mehr als 20.000 LKW entlastenBild: picture-alliance/dpa/J. Woitas

Hohe Erwartungen

Gruppen wie Transport and Environment fordern mehr Einsatz, um die Elektrifizierung von Schiffen voranzubringen. Steuern seien ein großes Hindernis, sagen sie. Denn die wären für Strom aktuell sehr hoch, nicht aber für umweltschädlichere Schiffskraftstoffe.

Die Globalisierung führt in der Schifffahrtsindustrie außerdem dazu, dass Häfen miteinander in Konkurrenz treten müssen. Also zögern sie, zum Beispiel Schiffe, die mit dreckigeren Treibstoffen fahren, stärker zu besteuern oder strengere Emissionsvorschriften für einlaufende Schiffe festzulegen.

In Skandinavien aber machen elektrische Schiffe schon einige Wellen. Die MS Ampere, eine mittelgroße Autofähre, ist seit Anfang 2015 vor Westnorwegen unterwegs. Die Fähr-Reederei Scandlines betreibt auch Batterie-Diesel-Hybride zwischen Deutschland und Dänemark.

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Laut Gilliam kommt man an der Elektrifizierung von kurzen Fährstrecken in Europa nicht mehr vorbei. Und auch langfristig ist ihre Gruppe optimistisch, dass fossile Brennstoffe in der Wirtschaft der Vergangenheit angehören werden.

"Wir erwarten, dass alles elektrifiziert werden wird", so Gilliam (sie ergänzt allerdings, dass die Luftfahrt wohl davon ausgenommen bleibt). "Am Ende wird es nur noch darum gehen, aus welchen Quellen die notwendige Energie kommt."

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