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"Köln" soll sich nicht wiederholen

Bernd Gräßler13. Januar 2016

Im Bundestag verurteilen alle Fraktionen die Übergriffe auf Frauen in Köln. Ursachen und Konsequenzen werden unterschiedlich beurteilt. Die Unruhe in Merkels Fraktion über den Regierungskurs blitzt nur ganz kurz auf.

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Hauptbahnhof Köln Sylvester Ausschreitungen Menschenmassen. Foto: Markus Böhm/dpa
Bild: picture-alliance/dpa/M. Böhm

"Ich möchte nicht, dass meine Töchter in einem Land aufwachsen, in dem sie sich auf offenen Plätzen nicht sicher fühlen", sagte Ole Schröder, der als parlamentarischer Staatssekretär den nach Istanbul gereisten Bundesinnenminister vertrat. In der Debatte des Bundestages über die Ereignisse von Köln setzte er hinzu: "Wir werden alles dafür tun, dass sich so etwas in unserem Land nicht wiederholt." Schröder erläuterte den Abgeordneten die geplanten Verschärfungen beim Asyl- und Sexualstrafrecht, auf die sich die große Koalition geeinigt hat. Dadurch soll die Ausweisung von straffälligen Asylbewerbern erleichtert werden. Auch das Angrapschen von Frauen, wie es in der Silvesternacht in Köln hundertfach angezeigt wurde, ist künftig strafbar. Der CDU-Politiker erklärte, die Silvesternacht zeige, wie schwer es sei, junge arabische Männer in Deutschland zu integrieren.

"Hunderttausende Flüchtlinge sind nicht kriminell"

Justizminister Heiko Maas (SPD) sagte, niemand dürfe sich über Recht und Gesetz stellen, egal was für einen Paß er habe. Mit den geplanten Gesetzesverschärfungen schütze man auch "Hunderttausende unbescholtene Flüchtlinge, die es nicht verdient haben, mit Kriminellen in einen Topf geworfen zu werden".

In der Debatte verurteilten ausnahmslos alle Redner auch die Ausschreitungen von Rechtsradikalen gegen Ausländer in Reaktion auf die Kölner Übergriffe. Aus der Sicht der Chefin der Linkspartei, Katja Kipping, geht allerdings die größte sexuelle Bedrohung für Frauen in Deutschland nicht von Fremden sondern von Männern aus, "die den Frauen nahestehen". Der Sexismus sei ein fester Bestandteil der europäischen Gesellschaft.

Kipping nannte die Taten der Silvesternacht einen "üblen männerbündischen Exzeß". Für ihre Feststellung, der Polizei fehle es Sensibilität für Sexualdelikte, erntete sie empörte Zwischenrufe aus der Unionsfraktion.

Deutscher Bundestag Plenarsaal im Reichstagsgebäude in Berlin. Foto: imago/IPON
Blick in den Plenarsaal des BundestagesBild: imago/IPON

"Keine Angst-Räume zulassen"

Die Vorsitzende der Grünen-Fraktion Katrin Göring-Eckardt verurteilte gleichermaßen die sexuellen Übergriffe der Silvesternacht wie den dadurch entfachten "Rassismus" auf den Straßen und in sozialen Netzwerken. Sie machte auf die Situation junger Marrokaner aufmerksam, die zu den Haupttatverdächtigen von Köln gehören. Deren Anerkennungsquote als Asylbewerber betrage nur zwei Prozent, aber das Verfahren dauere zwei Jahre, in denen sie weder Deutschkurse besuchen noch eine Arbeit aufnehmen dürften. "Was machen sie in der Zeit?", fragte die Grünenpolitikerin. Sie beklagte auch, es gebe zu wenig Polizei in Deutschland.

Die SPD-Politkerin Eva Högl forderte 12 000 neue Polizisten bei der Polizei von Bund und Ländern, die vor allem zur Sicherheit von öffentlichen Plätzen eingesetzt werden sollten. Es dürfe keine "Angst-Räume" in Deutschland geben.

"Liste der sicheren Herkunftsstaaten erweitern"

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer nannte als notwendige Konsequenz aus den Kölner Straftaten die Erweiterung der Liste der sicheren Herkunftsstaaten. Die CSU möchte, dass auch Marokko und Algerien dazu zählen. Damit könnten Asylverfahren beschleunigt werden.

Die Diskussion innerhalb der CDU/CSU-Fraktion über die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel blitzte in der Debatte nur kurz auf. Der Innenpolitiker Wolfgang Bosbach, einstiger langjähriger Fraktionsvize, sagte, die Bundesregierung habe bisher vor allem rhetorisch auf "Köln" reagiert. Es gebe eine große Diskrepanz zwischen dem festgeschriebenen Recht und seiner Durchsetzung. Bosbach forderte auch eine Kurskorrektur in der Flüchtlingspolitik und ein schnelles Ende des staatlichen "Kontrollverlustes". Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet aus einer Fraktionssitzung der Union am Dienstag, dass es "anhaltende Unzufriedenheit mit dem Regierungskurs" in der Flüchtlingskrise gebe, weil das Kernproblem, die Reduzierung der Flüchtlingszahlen, nicht angegangen würde. Derzeit treffen täglich etwa 3000 neue Flüchtlinge an der bayrischen Grenze ein. Laut "BILD"-Zeitung soll es innerhalb der Unionsfraktion eine Unterschriftenaktion für schärfere Grenzkontrollen geben.