Aggressive Stimmung bei Demo in Köln
9. Januar 2016Die Angaben über die Teilnehmerzahlen gehen auseinander. Tatsächlich dürften sich mehrere tausend Menschen am Breslauer Platz hinter dem Hauptbahnhof und auf dem Vorplatz am Dom versammelt haben. Die fremdenfeindliche "Pegida"-Bewegung, die zu ihrer Kundgebung auf der Rückseite des Bahnhofs aufgerufen hatte, erhielt nach Reporterberichten Unterstützung von etwa 450 Anhängern, die wohl mit Zügen aus dem Ruhrgebiet in Köln eintrafen.
Am Nachmittag wurden dann erste Rangeleien und Provokationen gemeldet. Aus der "Pegida"-versammlung heraus wurden Böller auf Reporter und Polizisten geworfen; die Sicherheitskräfte hätten daraufhin damit gedroht, den Umzug aufzulösen, wie Reporter vor Ort berichteten. Wasserwerfer fuhren auf:
Der Landesvorsitzende der Grünen, Sven Lehmann, berichtete wenig später, die "Pegida"-Kundgebung werde aufgelöst:
Am Mittag hatten sich zunächst mehr als 1.000 zumeist weibliche Teilnehmer am Dom versammelt, um nach den Übergriffen in der Silvesternacht ihrem Zorn und ihrem Protest "Gegen Männergewalt" - so ein Motto - Luft zu machen. Andere, zumeist aus dem linken Spektrum stammende Demonstranten nahmen bereits die "Pegida"-Anhänger ins Blickfeld, von denen sich mehrere hundert (so die Bundespolizei gegenüber dpa) zugleich auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes zusammenfanden. "Es gibt kein Recht auf Nazi-Propaganda" wurde hier skandiert.
Die Sicherheitskräfte bemühten sich, die Gruppen auseinanderzuhalten, wie auch DW-Reporter Nicolas Martin berichtet.
Die Bundespolizei ist mit mehreren hundert Beamten im Einsatz, um die Sicherheit des Hauptbahnhofs aufrecht zu erhalten. Die nordrhein-westfälische Landespolizei setzt nach Angaben eines Sprechers weitere rund 1700 Beamte ein. Unter ihnen sind auch berittene Einheiten, Wasserwerfer stehen zum Einsatz bereit.
Die Pegida-Anhänger wurden von den Gegendemonstranten mit wütenden Parolen empfangen: "Wir kriegen Euch alle" - solche und andere Parolen ließen nicht gerade auf einen friedlichen Verlauf des Nachmittags hoffen.
Keine pauschale Hetze
Zu der Gegenkundgebung hatten die Bündnisse "Köln gegen Rechts" und "Köln stellt sich quer" aufgerufen, in denen unter anderem Gewerkschaften, Parteien, Kirchen und andere Religionsgemeinschaften sowie weitere gesellschaftliche Organisationen zusammengeschlossen sind. Die Übergriffe gegen Frauen in der Silvesternacht dürften nicht von Rechtsextremen für pauschale Hetze gegen Migranten instrumentalisiert werden, hieß es im Aufruf und in Redebeiträgen. Gewalt gegen Frauen sei immer ein Verbrechen, unabhängig davon, wer die Täter seien.
In der Silvesternacht hatte es in Köln rund um den Hauptbahnhof aus einer großen Menschengruppe heraus sexuelle Übergriffe auf Frauen und anderen Straftaten gegeben. Sie wurden, nach allem, was man bisher weiß, vorwiegend durch Männer aus dem nordafrikanischen und arabischen Raum begangen. In den vergangenen Tagen wurde die Polizeiführung wegen der Einsatzplanung und der Kommunikationsstrategie nach den Übergriffen scharf kritisiert. Polizeipräsident Wolfgang Albers wurde am Freitagnachmittag in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Sein bisheriger Stellvertreter führt nun die Geschäfte, der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger steht unter Druck. Und die Stimmung in der sonst so liberalen Stadt Köln ist kurz vor dem Straßenkarneval alles andere als ausgelassen.
ml/uh (dpa,epf,afp)