Köhlers Einsatz für ein positiveres Afrika-Bild
12. April 2006Afrikas Ideen werden Afrikas Probleme lösen, davon ist Bundespräsident Horst Köhler tief überzeugt. Und diese Überzeugung prägte auch die Auswahl der Reiseziele seiner zweiten großen Afrika-Reise: Mosambik, Madagaskar und Botswana.
Die Reformideen dieser Staaten sind beispielhaft für den Kontinent: In Mosambik wurde der Bürgerkrieg überwunden, es gibt eine entschlossene Politik gegen Armut und für mehr Bildung. In Madagaskar verordnet der Präsident straffe Wirtschaftsreformen, treibt Infrastruktur und die Versorgung der ländlichen Regionen voran und hat die Umwelt zur Priorität der Prioritäten erklärt. Und in Botswana geht die politische Führung mit dem Ressourcenreichtum des Landes verantwortungsvoll um, es gibt eine kostenlose Gesundheitsversorgung und ein Sozialsystem. Das Land hat die geringste Korruption auf dem Kontinent - und liegt diesbezüglich sogar noch vor Italien, Griechenland und Portugal. Und: Botswana ist seit der Unabhängigkeit vor vier Jahrzehnten eine stabile Demokratie.
Köhler will "good-news" aus Afrika
Wäre solche Reformpolitik schon überall in Afrika üblich, dann gäbe es auf dem Kontinent nicht nur weniger Katastrophen und Kriege. Dann hätte Afrika seinen Nachbarkontinent - das beharrende, alte Europa - vielleicht gar in mancher Hinsicht schon hinter sich gelassen. Auf jeden Fall aber gäbe es andere Schlagzeilen und eine andere Wahrnehmung Afrikas in Europa. Der deutsche Bundespräsident will "good news" aus Afrika - und dazu mit seinen Reisen beitragen. Er will an den drei Ländern zeigen, dass Reformeifer überall spürbar ist - und dass in Afrika Politik oft pragmatischer und schneller gemacht wird als anderswo, um Entwicklungsrückstände aufzuholen.
In Afrika findet der Bundespräsident seine Rolle. Viele Gespräche kann er genau dort wieder aufnehmen, wo er sie als Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) beendet hatte. Er kann frei und direkt politische Missstände ansprechen - und wird dafür bei seinen Gesprächspartnern geschätzt. Daheim in Deutschland stoßen Köhlers politische Worte - ob zum Kongo oder zur Arbeitsmarktpolitik - häufig auf Kritik. In Afrika gilt er als geachteter Freund des Kontinents, trifft auf viel Respekt und Vertrauen. Deutschland, auch das hat Köhler während seines Aufenthalts oft gehört, genießt einen besonders guten Ruf dort. Die Deutschen gelten als die Starken und Entschlossenen. Das erklärte beispielsweise der madagassische Präsident seinem deutschen Amtskollegen. Ein positives Bild, das im krassen Gegensatz steht zur geringen Kenntnis und dem insgesamt eher negativen Image des afrikanischen Kontinents in Deutschland.
Bildung gehört zum Erfolgsrezept
Warum aber erreicht ein an Ressourcen reiches Land wie Botswana, was Angola und der Kongo nicht fertig bringen? Warum erreicht ein Land wie Mosambik, das immer noch zu den zehn ärmsten Staaten der Welt gehört, ein durchschnittliches Wachstum von acht Prozent?
Der Schlüssel zum Erfolg sind die Eliten - übernehmen sie politische Verantwortung, lässt sich ein Land aus Armut und Krieg heraus führen. Bildung ist deshalb in den Augen des Bundespräsidenten ein Schlüssel für Entwicklung. Doch Köhler ist auch fest davon überzeugt, dass sich Wandel nicht dauerhaft erreichen lassen wird, wenn sich an der Politik der Industrieländer nicht ändert. Das betrifft den Welthandel ebenso wie die rücksichtslose und interessengeleitete Ausbeutung von Rohstoffen auf dem afrikanischen Kontinent.
Europas Interesse an Afrika
Köhlers Argumente gehen weit über simple Kosten-Nutzen-Rechnungen hinaus: Dass die Krisen und Konflikte auf dem afrikanischen Kontinent Europas Sicherheit und Wohlstand gefährden, zeigt sich nicht nur in der Demokratischen Republik Kongo, im Sudan oder an der zunehmenden Zahl der Bootsflüchtlinge, die an Europas Südküste stranden.
Wichtiger ist dem Bundespräsidenten, dass Armut, Not und Tod in Afrika ganz unmittelbar europäische Werte desavouieren. Afrika ist ihm eine politische Notwendigkeit und eine moralische Verpflichtung für Europa. Köhler spitzt dies in einer Frage zu, welche die europäische Außenpolitik bisher nicht beantwortet hat: Was bleibt in einer zunehmend globalisierten Welt von den europäischen Werten eigentlich noch übrig, wenn Europa Afrika weiterhin im Abseits lässt?