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Bern nimmt an

Silke Bartlick24. November 2014

Ein halbes Jahr lang wurde abgewogen und verhandelt, nun hat das Schweigen ein Ende: Das Kunstmuseum Bern tritt das Erbe von Cornelius Gurlitt an. Und die Bundesregierung weiß um ihre moralische Verantwortung.

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Berlin Unterzeichnung Nachlass Cornelius Gurlitt Kunstmuseum Bern 24.11.2014
Bild: Reuters/Hannibal Hanschke

Die Medien schreiben seit Tagen darüber, nun hat die private Stiftung Kunstmuseum Bern in Berlin offiziell erklärt, dass sie die schwierige Erbschaft des Kunstsammlers Cornelius Gurlitt annimmt – zahlreiche Werke der Sammlung stehen unter Raubkunstverdacht. Gleichzeitig unterzeichneten die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsministerin Monika Grütters, der bayerische Staatsminister für Justiz, Winfried Bausback, und der Stiftungsvorsitzende des Berner Kunstmuseums, Christoph Schäublin, eine Vereinbarung zum Umgang mit dem umstrittenen Nachlass des vor einem guten halben Jahr verstorbenen Sohns eines NS-Kunsthändlers. Demnach wollen sie für das Erbe gemeinsam Verantwortung übernehmen. "Mit der Vereinbarung", so Kulturstaatsministerin Monika Grütters, "stellt sich Deutschland seiner historischen Verantwortung für das Leid und das Unrecht, dem Verfolgte des NS-Regimes und insbesondere Menschen jüdischen Glaubens unter der nationalsozialistischen Terrorherrschaft ausgesetzt waren".

Gemeinsam Verantwortung übernehmen

Die Bundesrepublik Deutschland hat sich damit verpflichtet, weiterhin die Provenienzforschung für alle Kunstwerke des sogenannten "Schwabinger Kunstfundes" - rund 1280 Werke aus dem Besitz Cornelius Gurlitts - zu übernehmen. Die vom Bund und dem Land Bayern getragene Taskforce wird die Provenienzforschung auch für die Werke übernehmen, die sich außerhalb der Bundesrepublik im Salzburger Haus von Gurlitt befanden und bei denen ein begründeter Verdacht auf NS-Raubkunst besteht. Im Nachlass enthaltene Werke, die sich als Raubkunst erweisen oder die mit hoher Wahrscheinlichkeit als Raubkunst einzustufen sind, werden vom Museum Bern entsprechend der "Washingtoner Prinzipien" von 1998 an die Berechtigten restituiert. "Über die Schwelle des Kunstmuseums Bern kommen generell keine Werke, die sich als Raubkunst erweisen oder mit hoher Wahrscheinlichkeit als Raubkunst einzustufen sind", betonte Stiftungsratspräsident Christoph Schäublin. Jene Werke aus dem Gurlitt-Bestand, die von den Nationalsozialisten als "entartet" verunglimpft und aus öffentlichen Sammlungen und Museen entfernt worden waren, sollen den Häusern, denen sie bis zur NS-Aktion gehörten, bevorzugt als Dauerleihgaben zur Verfügung gestellt werden.

Berlin Unterzeichnung Nachlass Cornelius Gurlitt Kunstmuseum Bern 24.11.2014
Unterzeichnung des Gurlitt-NachlassBild: Reuters/Hannibal Hanschke

Gleichzeitig stellt das Schweizer Museum eigene Aktivitäten in Aussicht. Gedacht ist etwa an den Aufbau einer eigenen Forschungsstelle. Die könnte unter anderem über gesetzliche Fristen hinaus exemplarisch die Geschichte der Sammlung und die spezifischen Bedingungen aufarbeiten, unter denen sie entstanden ist. "Transparenz ist geboten", betonte auch Monika Grütters. Werke, bei denen es sich nach Angaben der Taskforce um Raubkunst handele, deren Eigentümer aber nicht bekannt seien, sollen nicht nur in Datenbanken publiziert, sondern auch öffentlich ausgestellt werden, um die unbedingt angestrebte Rückgabe zu ermöglichen.

Große Verantwortung

Die Wahl des Erblassers habe das Kunstmuseum Bern seinerzeit in höchstem Masse überrascht, sagte Schäublin. Triumpfgefühle habe sie schon gar nicht ausgelöst. Die seien angesichts der Geschichte, die auf der Sammlung laste, auch gänzlich unangebracht. Letztlich sei es um die Frage gegangen, ob und wie das Kunstmuseum der Verantwortung gerecht zu werden vermag, die ihm durch dieses Erbe auferlegt wird. Der im Mai verstorbene Cornelius Gurlitt hatte das Berner Museum als Alleinerben eingesetzt. Seine Sammlung umfasst mehr als 1500 Bilder und Zeichnungen, darunter auch wertvolle Arbeiten von Matisse, Picasso, Renoir und Monet.

Kunstmuseum in Bern - Nachlass Cornelius Gurlitt
Das Kunstmuseum in BernBild: Fabrice Coffrini/AFP/Getty Images

Kurz vor seinem Tod hatte Gurlitt einen Vertrag mit der Bundesregierung unterzeichnet, in dem er die weitere Erforschung seiner Sammlung auf Nazi-Raubkunst zusicherte. Die nun zwischen Bern, dem Bund und dem Land Bayern unterzeichnete Vereinbarung basiert auf diesem Vertrag. Drei mittlerweile zweifelsfrei als Raubkunst identifizierte Kunstwerke werden demnächst an ihre rechtmäßigen Besitzer bzw. deren Erben zurückgegeben. Die nun unterzeichnete Vereinbarung zum Umgang mit dem Nachlass von Cornelius Gurlitt wird als Meilenstein bezeichnet, aber er ist nicht der letzte auf einem langen, an Herausforderungen reichen Weg.