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"Welche Spuren wollen wir hinterlassen?"

10. Mai 2019

Der deutsche Pavillon auf der Kunst-Biennale von Venedig dürfte noch von sich reden machen. Er soll ein sogenanntes Ankerzentrum für Geflüchtete darstellen. Warum, erläutert die Kuratorin Franciska Zólyom.

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Franciska Zólyom, die Kuratorin des deutschen Biennale-Pavillons 2019 in Venedig
Bild: DW/S. Dege

Deutsche Welle: Franciska Zólyom, Sie kuratieren den deutschen Pavillon auf der Kunst-Biennale. Was reizte Sie an der Zusammenarbeit mit der Künstlerin Natascha Süder Happelmann?

Franciska Zólyom: Mich interessiert an ihr, dass sie es mit künstlerischen Mitteln immer wieder schafft, in ganz unterschiedliche gesellschaftliche Öffentlichkeiten zu wirken. Und eben auch ästhetische Erfahrung mit politischen Auseinandersetzungen auf eine sehr poetische, humorvolle Art zu verknüpfen.

Und was heißt das für den deutschen Biennale-Pavillon?

Für den Pavillon war unsere Überlegung, eine unmittelbare Erfahrung, ein unmittelbares Erlebnis zu ermöglichen, etwas Zugängliches zu schaffen, was man im Pavillon erfährt, wobei unsere Arbeit ja mit der ersten öffentlichen Veranstaltung, mit der Pressekonferenz im Oktober 2018 begann, wo die Künstlerin mit der Steinmaske zum ersten Mal in Erscheinung getreten ist. Seitdem wurden drei Filme veröffentlicht, die den Weg der Künstlerin zeigen, auf den sie sich gemacht hat, um sich ein Bild zu machen von den Erstaufnahmelagern in Süddeutschland, von den Tomatenplantagen in Süditalien und von dem Schiff der Organisation "Jugend Rettet", die im Zollhafen von Trapani festgesetzt ist und deren Arbeit jetzt juristisch angeklagt wurde.

Wen möchte die Künstlerin mit ihrer Arbeit und wen möchten Sie als Ausstellungsmacherin erreichen?

Die Venedig-Biennale hat ein sehr internationales Publikum mit über 600.000 Besucherinnen und Besuchern....

Und welche Rolle spielt die Musik im Deutschen Pavillon?

Wir haben mit sechs Musikerinnen und Musikern zusammengearbeitet, die aus ganz unterschiedlichen musikalischen Traditionen kommen - neue Musik ebenso wie Improvisation, Jazz, arabische Musik, oder auch DJs, die mit westafrikanischen Klängen arbeiten und die in der Clubszene zu verorten sind. Unsere Idee war es, diese Trennung zwischen Gattungen, Traditionen, zwischen Kulturen immer wieder durchgängig zu machen. Und Verknüpfungen zu suchen, die sich vielleicht für wenige Momente ereignen und dann neue Verbindungen eingehen.

Mit welchem Ziel?

Wir wollten herausfinden, ob es möglich ist, Identität nicht als etwas Geschlossenes und Gleichbleibendes zu betrachten, sondern vielmehr als die Qualität der Verbindung und der Beziehung, die wir einzugehen vermögen. Lassen wir uns darüber definieren, wie wir uns einander gegenüber verhalten, wie wir uns natürlichen Ressourcen gegenüber verhalten, wie wir uns öffentlich oder privat äußern? Das hat uns sehr interessiert. Das schwingt mit in den Kompositionen, die alle für die Trillerpfeife geschaffen wurden.

Welche Bedeutung hat dann Identität?

Will man sich gewahr werden, wie es um den eigenen Beitrag, die eigene Verantwortung gegenüber anderen, gegenüber dem Planeten steht, auch gegenüber den Spuren, die man hinterlassen möchte, dann ist Identität eine sehr interessante Frage. Und ich glaube, die Diskussion über Identität ist immer dann interessant, wenn sie nicht zu vorschnellen Schlüssen kommt, sondern nach einer Vielfalt an Möglichkeiten sucht.

Franciska Zólyom leitet auch die Galerie für Zeitgenössische Kunst in Leipzig. Mit ihr sprach Stefan Dege.