Kunst aus der Häftlingswelt von Guantánamo
Im Gefangenenlager Guantánamo dürfen die Gefangenen nur wenig: Bücherlesen, Fernsehen, seit 2009 auch Bilder malen. Eine Ausstellung in New York zeigt diese Bilderwelt, die in den Gefängniszellen entstanden sind.
"Hands Holding Flowers through Bars" (2016)
Der Gefangene Muhammad Ansi stammt aus dem Yemen. 15 Jahre lang war er im Gefangenenlager in dem US-Stützpunkt an der Guantánamo-Bucht in Kuba interniert - und als Häftling vielen Torturen ausgesetzt. Das Malen und Zeichnen halfen ihm, das Leben in seiner kargen Zelle zu ertragen. Oft träumte er sich mit Landschafts- und Blumenbildern aus dem Gefängnis heraus...
"Vertigo at Guantánamo"
"Vertigo at Guantánamo" (Drehschwindel in Guantánamo) lautet der Titel dieses Aquarells, das der Häftling Ammar Al-Baluchi aus Kuwait gemalt hat. Seit über zehn Jahren sitzt er im Gefangenenlager Guantánamo ein. Zuvor wurde er 3 1/2 Jahre vom CIA gefangen gehalten. Seine Bilder sind auch Antworten auf Folter und andere Torturen, ist im Ausstellungskatalog zu lesen.
"Stillleben im Gefängnis"
Ahmed Rabbani ist Pakistaner. Zwei Jahren war er Gefangener der CIA - in Isolierhaft - bevor er ins Gefangenenlager Guantánamo überstellt wurde. Erst dort kam er in Kontakt mit anderen Gefangenen. Alle Insassen von Guantánamo sind als mutmaßliche Terroristen nach den Anschlägen von 9/11 verhaftet worden. Auf seinen Bildern gibt es keine Menschen. Seinen Hungerstreik hat er nur knapp überlebt.
"Titanic" (2017)
Seit 2009 durften die rund um die Uhr bewachten Häftlinge Material für ihre Bilder und Zeichnungen bekommen. Und später in ihrer Zelle damit weiterarbeiten. Wenn alles aufgebraucht war, benutzten sie anderes Material: Kaffeepulver, Sand oder feinen Kies aus dem Außengelände. Khalid Qasim aus dem Yemen fertigte damit extrem kleine Bilder, wie hier das Bild von der "Titanic" auf hoher See.
"Cityscape" (2016)
Vieles haben die Gefangenen nach der Erinnerung gemalt, sie selbst haben im Gefangenenlager keine Skyline mit Meeresblick vor Augen. aber das Meer ist an der Küste der kubanischen Guantánamo-Bay immer zu hören, in jeder Zelle. Dieses Aquarell hat der Häftling Abdualmalik (Alrahabi) Abud gemalt. Er stammt aus dem Yemen und war 15 Jahre in Guantánamo inhaftiert. 2016 wurde er entlassen.
"Drowned Syrian Refugee Child" (2016)
2008 ließ US-Präsident Barack Obama per Dekret die Haftbedingungen in Guantánamo lockern, die Auflösung des Lager konnte er politisch nicht durchsetzen. Danach durften die Häftlinge stundenweise sogar arabisches Fernsehen sehen und hatten Zugang zu Nachrichten. Die Fotos des ertrunkenen syrischen Flüchtlingsjungen Aylan Kurdi erreichten auch Guantánamo: Dieses Bild ist von Häftling Muhammad Ansi.
"Statue of Liberty"
Einige Bilder haben die Gefangenen nach fotografischen Vorlagen erstellt, wie Muhammad Ansi 2016 bei diesem Bild. Die Kuratoren Erin Thompson, Paige Laino und Charles Shields haben für die Ausstellung "Ode to the Sea" gezielt Arbeiten von vier entlassenen Häftlingen und vier inhaftierten Gefangenen ausgewählt. Alle Bilder sind in der New Yorker Galerie zum ersten Mal öffentlich zu sehen.
President's Gallery, New York
Die Ausstellungsräume der "President's Gallery", in der die Kunst aus Guantánamo derzeit zu sehen ist, gehören zum John Jay College of Criminal Justice, einer renommierten juristischen Hochschule in New York. Dass die Bilder der Häftlinge öffentlich so gezeigt werden, hat in den USA für Diskussionen und juristischen Ärger gesorgt. Zu sehen sind die Bilder noch bis zum 26. Januar 2018.
Leben hinter Stacheldraht
Bis heute ist das Gefangenenlager an der kubanischen Guantánamo-Bucht existent. US-Präsident Obama ist mit dem Vorstoß, das umstrittene Gefängnis zu schließen, gescheitert, es gab keine politische Mehrheit dafür. Zu Beginn seiner Amtszeit 2009 waren 242 Gefangene, Ende 2017 noch 41 Häftlinge in Guantánamo interniert. Ob und wann sie entlassen werden, ist völlig offen.
Momentaufnahme aus Guantánamo
Dies ist eines der seltenen Fotos vom streng geregelten Alltag der Guantánamo-Gefangenen: Ein Handyfoto, das der Reporter Walter Michot von der Zeitung "Miami Herald" innerhalb des Gefängnistraktes aufgenommen hat. Alles wird überwacht, Bildmaterial wird vom US-Militär streng zensiert, bevor es veröffentlicht werden darf.