Katar verhüllt barbusige Frauenbüste
16. Juni 2017Bereits 1997 kaufte Katar die neoklassizistische Villa Calé in Berlin-Zehlendorf, einer gehobenen Gegend im Südwesten der Hauptstadt. Der ursprüngliche Plan: Hier sollte die Botschaft des Wüstenstaates einziehen. Doch dann geschah viele Jahre nichts, die Villa verfiel. Stattdessen wurde auf einem weiteren Grundstück ein aufwendiger Neubau im orientalischem Stil in Auftrag gegeben, der 2005 eröffnete.
Ob es an dem Fries der Hausfassade lag? Das Schmuckstück der denkmalgeschützten Villa, die der Verleger Franz Calé 1904 bauen ließ, zeigt eine halbnackte sitzende Frauenfigur, eingerahmt von einem Kind mit Globus und einem liegenden Jüngling mit ebenfalls nackten Oberkörper.
Viel zu viel Haut
In Vorbereitung auf das diesjährige katarisch-deutsche Kulturjahr begannen vor zwei Jahren nun endlich die Renovierungsarbeiten der historischen Villa, die künftig ein Gästehaus und das arabisches Kulturzentrum "Der Diwan" beherbergen soll. Zu Beginn der Umbaumaßnahmen 2015 ließ der streng muslimische Wüstenstaat wissen, dass man das Fries "aus Sittlichkeitsgründen" verhüllen werde. So scheint die freizügige Darstellung der Dame nicht den katarischen Moralvorstellungen zu entsprechen, die vorsehen, dass Frauen und Männer in der Öffentlichkeit beispielsweise getrennt Schlange stehen oder Frauen in der Regel die schwarze, hochgeschlossene Abaya tragen.
Heute erstrahlt die einst verfallene Villa in früherem Glanz, die Renovierungsarbeiten sind sehr gekonnt umgesetzt und auch vom Landesdenkmalamt im Mai abgenommen worden - mit Dame. Doch nun überspannt ein Dreieck aus deutscher und katarischer Flagge das Fries.
Offiziell heißt es in einer Mitteilung der Botschaft, die Flaggen seien zum Auftakt des katarisch-deutschen Kulturjahres gehisst worden, "um den Kulturaustausch und das Feiern von Gemeinsamkeiten sowie Unterschieden zu würdigen." Geplant seien diverse Kunstausstellungen, Festivals und Diskussionsabenden mit Intellektuellen aus Katar und Deutschland. Die Flaggen sollen bis zum Ende des Kulturjahres gehisst bleiben.
Denkmalschützer wenig amüsiert
Dafür hat das Berliner Landesdenkmalamt kein Verständnis. Die oberste Bauaufsicht hatte das Gebäude in seiner Gänze abgenommen, Veränderungen am Erscheinungsbild bedürfen der Genehmigung.
Doch ein weiteres Vorgehen ist recht kompliziert: "Als diplomatische Residenz ist das exterritoriales Gelände", sagte eine Sprecherin des Landesdenkmalamts am Donnerstag. Im Klartext: Das Abhängen des Flaggendreiecks zu erzwingen ist kaum möglich, Botschaften stehen unter einem besonderen völkerrechtlichen Schutz. Die Botschaft von Katar schweigt bislang zu der Kritik.