Grütters will Gleichstellung von Frauen in Kultur und Medien
22. Dezember 2016Kostümbildnerin, Requisiteurin, Maskenbildnerin, Souffleuse - aber auch Theaterregisseurin oder Intendantin? Seit mehreren Jahren werden in Wirtschaft und Politik Frauenquoten und Chancengleichheit kontrovers diskutiert. Aber wie steht es eigentlich um Frauen in Kunst, Kultur und Medien? Wie viele Frauen leiten Museen, sitzen in Entscheidungsgremien und Jurys, produzieren Filme, stellen in Einzelausstellungen Kunstwerke aus?
Die Zahlen sind frappierend: Je nach Branche liegt der weibliche Anteil in kulturellen oder medialen Führungspositionen zwischen 2 und 20 Prozent. Lediglich in einigen staatlichen Einrichtungen, wie Bibliotheken, ist der weibliche Führungsanteil in den vergangenen Jahren auf 43 Prozent gestiegen.
Kulturstaatsministerin Monika Grütters möchte etwas an der schlechten Bilanz ändern: An einem Runden Tisch, zu dem die CDU-Politikerin 80 Vertreterinnen und Vertreter aller Branchen und Sektionen eingeladen hat, will sie konkrete Maßnahmen zur Chancengleichheit in der Kreativbranche erarbeiten. "Wenn Kunst, Kultur und öffentlicher Diskurs Spiegel unserer Identität sein sollen, verdienen weibliche Perspektiven und Potentiale in Kultur und Medien mehr Anerkennung und Gewicht", sagte die Kulturstaatsministerin zum Auftakt.
Grenze "gläserne Decke"?
Dieser Wandel scheint Monika Grütters ein persönliches Anliegen zu sein. "Jede von Ihnen, jede von den Frauen hier im Raum, hat vermutlich im Laufe ihrer Karriere Bekanntschaft mit der 'gläsernen Decke' gemacht - und dennoch 'ihren Mann gestanden', um beruflich weiter zu kommen", sprach sie die vorwiegenden weiblichen Teilnehmer im Bundeskanzleramt an. "Mich eingeschlossen: Ich trete meinen geschätzten Parteifreunden in der Berliner CDU gewiss nicht zu nahe, wenn ich sage: Da geht noch was in Sachen Gleichberechtigung." Neben ihrem Amt als Kulturstaatsministerin ist Grütters auch Landesvorsitzende der Berliner CDU.
Persönliche Erfahrungen sind das eine, Fakten das andere. Daher erschien im Sommer 2016 im Auftrag des Bundesministeriums für Kultur und Medien eine Studie, die über den Zeitraum der vergangenen 20 Jahre die Chancengleichheit der Frauen in der Kreativbranche untersuchte. Sie legt offen, dass freischaffende Künstlerinnen bei gleicher Qualifikation bis zu 24 Prozent weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen. "Dieses Ergebnis hatte ich nicht erwartet", sagte Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates. Der Anteil entspreche etwa den Lohnunterschieden in der Wirtschaft. "Ich hatte stets gedacht, dass wir in der Kulturbranche besser seien."
Besonders "frustrierend" und "empörend" nannte Grütters die Ergebnisse zu Führungspositionen bei Tageszeitungen. Hier seien 98 Prozent der Chefredakteure männlich. Ähnlich verhalte es sich bei Entscheidungsträgern bei Online-, TV- und Hörfunkmedien.
Maßnahmen vertagt
Das dreistündige Treffen im Bundeskanzleramt, zu dem unter anderem die Präsidentin der Akademie der Künste Jeanine Meerapfel, Schauspielerin Christiane Paul, Schriftstellerin Nina George und Julia Jäkel, CEO bei Gruner + Jahr, eingeladen waren, war lediglich ein erster Austausch. Ab 2017 soll es in vier Arbeitsgruppen weitergehen, die zu den Themen "Frauen in Führungspositionen", "Partizipation an der Kulturförderung", "Lohnlücke im Bereich Kultur und Medien" sowie "Vereinbarkeit von Familie und Beruf" praxisorientierte Maßnahmen vorschlagen sollen.
Ein Abschlusstreffen ist für Mitte 2017 geplant, sprich kurz vor Ende dieser Legislaturperiode. Wahrscheinlich möchte Grütters noch vor der Bundestagswahl Zeichen setzen. Zumindest habe sie bereits einen Etat dafür bereitgestellt.