Kuarup - Das Totenfest der Yawalapiti
Festmahl, Ringkampf, Tänze und Körperbemalung: Wenn im brasilianischen Xingu-Reservat ein Häuptling stirbt, verabschieden sich die Stammesangehörigen mit besonderen Ritualen. Exklusive Aufnahmen eines Reuter-Reporters.
Trauernder Sohn
"Wir sind heute nicht geeint. Im Xingu gibt es niemanden mehr, der alle Häuptlinge organisieren kann", sagte Tapi Yawalapiti, Sohn und wahrscheinlicher Nachfolger des verstorbenen Anführers, der Nachrichtenagentur Reuters. Die Indigenen sind seit dem Tod von Aritana Yawalapiti ohne starke Führung - in Zeiten von Corona-Pandemie und politischer Unsicherheiten ein besonders schwerer Schlag.
Kleiner Tänzer ehrt großen Häuptling
Mabitchuri - der kleine Yawalapiti-Junge macht mit beim Trauerritual der Erwachsenen. Der Tod von Häuptling Aritana Yawalapiti, der im August 2020 an COVID-19 starb, hat die das indigene Volk im Xingu Nationalpark erschüttert. Zum Kuarup-Ritual, mit dem der Verstorbene geehrt wird, kamen im September dieses Jahres über tausend Angehörige verschiedener Stämme zusammen.
Baumstämme für die Verstorbenen
Die Geister der Toten werden mit bemalten Baumstämmen geehrt, die in der Mitte des kreisförmigen Dorfes aufgestellt werden. Der verstorbene Stammesführer war eines von zwölf Mitgliedern der Gemeinschaft, die an COVID-19 gestorben sind. Mittlerweile sind alle Erwachsenen gegen das Coronavirus geimpft.
Ringkampf als Zeichen des Respekts
Das Begräbnis-Ritual erreicht seinen Höhepunkt mit einem Kampfsportwettbewerb zwischen den Männern der neun Stämme. Sie stampfen zunächst in einem kriegsähnlichen Tanz um den zentralen Bereich des Dorfes herum, bevor der eigentliche Ringkampf beginnt. Bei den rituellen Kämpfen geht es darum, den verstorbenen Häuptling zu ehren - nicht darum, seinen Nachfolger zu ermitteln.
Rot - Farbe von Leben und Tod
Für die Kämpfe bemalen die Yawalapiti ihren Körper mit schwarzer und roter Farbe. Während das Schwarz aus den Früchten des Jenipapo-Baums hersgestellt wird, stammt der leuchtend rote Farbstoff aus Urucum-Samen aus den Kapselfrüchten des Annattostrauchs. Sie werden zu einer Paste verarbeitet.
Feuer und Fisch
Teil des mehrtägigen Begräbnis-Rituals ist ein gemeinsames Festmahl. Der im Fluss gefangene Fisch wird über einem großen Feuer gegart. Er wird mit einem Fladen aus Maniok verspeist, der von den Frauen des Dorfes zubereitet wird.
"Bolsonaro raus!"
Eine besondere Mischung aus traditionellen Ritualen und politischem Protest: Die Gesichtsbemalung eines Jungen, der am Kuarup-Ritual teilnimmt, erinnert an Batmans Erzfeind, den Joker. Auf seiner Brust ist eine politische Botschaft zu lesen: "Raus mit Bolsonaro".
Bedrohte Vielfalt
Im Xingu-Park leben zahlreiche indigene Völker. Der Park am Oberlauf des gleichnamigen Flusses liegt im Nordosten des brasilianischen Bundesstaates Mato Grosso. Er wurde 1961 zum Schutz der dort ansässigen Indigenen eingerichtet. Sie alle eint die Bedrohung durch den Klimawandel und durch die Unterstützung des Agrobusiness seitens Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro.
Das tägliche Brot aus dem Fluss
Als wichtigste Eiweißquelle der Stämme ist Fisch für die Menschen am Xingu ein unverzichtbares Nahrungsmittel. Doch die Versorgung damit wird immer schwieriger, weil Sojafarmer im Quellgebiet des Xingu Pestizide aus Flugzeugen versprühen, sagte die Anthropologin Claudia Franco Reuters. Außerdem sinke wegen der Bewässerung der Felder der Pegel des Flusses.
Rauch über ruhigem Wasser
Mapulu, eine Frau aus dem Stamm, raucht eine Pfeife. Mit dem Rauch sollen die Pestizide aus dem Fluss vertrieben werden. Die zunehmende Zerstörung des natürlichen Lebensraums der Völker am Xingu müsse gestoppt werden, fordert Tapi Yawalapiti, Sohn des verstorbenen Häuptlings.