Internationales Interesse für "Mein Kampf"
8. Januar 2016Die Nachfrage bei der öffentlichen Präsentation von Hitlers "Mein Kampf" in der wissenschaftlich kommentierten Ausgabe war riesig. Über 100 Journalisten auch aus dem Ausland nahmen an der Pressekonferenz in München am Freitag (08.01.2016) teil und stellten kritische Fragen. Eingeladen hatte das renommierte Institut für Zeitgeschichte, dessen Direktor Andreas Wirsching zufrieden die Reaktionen auf die Neupublikation präsentierte. Die erste Auflage von 4000 Stück sei bereits vergriffen, inzwischen lägen mehr als 15.000 weitere Vorbestellungen aus dem In- und Ausland vor. Außerdem gäbe es aus zahlreichen Ländern Anfragen nach Übersetzungen der neuen Ausgabe, die an das Institut herangetragen worden seien, ergänzte Wirsching.
Enttarnung eines antisemitischen Machwerks
Die Hetzschrift Hitlers war im Dritten Reich mehr als zwölf Millionen Mal gedruckt worden. Seit Ende des Zweiten Weltkrieges durfte das Machwerk weder in Deutschland erscheinen noch gedruckt werden. Antiquarisch war es allerdings im Internet jederzeit zu haben. Bis zum Jahresende 2015 lagen die Urheberrechte, die jetzt endgültig ausgelaufen sind, beim Freistaat Bayern.
Die Historiker des Instituts für Zeitgeschichte wollen mit der wissenschaftlich kommentierten Ausgabe, die sich auf 2000 Seiten kritisch mit dem rassistischen und antisemitischen Gedankengut Hitlers auseinandersetzt, das jahrzehntelang verbotene Buch "entmystifizieren", wie Institutsdirektor Wirsching vor der Presse erläuterte. Diese neuen Edition "enttarnt die von Hitler gestreuten Falschinformationen und seine Lügen und macht jene zahlreichen Halbwahrheiten kenntlich, die auf propagandistische Wirkung zielten."
Weltweite Resonanz auf Neu-Ausgabe
Das Buch stößt international auf sehr großes Interesse. Der namhafte britische Historiker und Hitler-Biograf Ian Kershaw lobte die "hervorragende Arbeit" seiner Münchner Kollegen. Ihre mehr als 3700 Anmerkungen zum Text seien "ein Kunstwerk für sich". Die bisherige Praxis der Zensur würde in einer freien Gesellschaft nur dazu beitragen, einen Mythos zu schaffen und die Faszination des Verbotenen noch zu steigern.
Nach wie vor gibt es aber auch kritische Stimmen zu der Veröffentlichung. Der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald S. Lauder, erklärte, er halte diese Ausgabe für unnötig. Es wäre besser gewesen, die NS-Propagandaschrift Hitlers im "Giftschrank der Geschichte" zu lassen.
Der Zentralrat der Juden in Deutschland dagegen hat nichts gegen die Neuauflage der kritisch editierten Auflage von "Mein Kampf" einzuwenden. Der Vorsitzende Josef Schuster hofft, dass die wissenschaftliche Einordnung des Textes dazu beitrage, "die menschenverachtende Ideologie Hitlers insgesamt zu entlarven und jedem Antisemitismus entgegen zu wirken", so Schuster am Freitag. Für richtig halte er aber, "dass die Verbreitung der unkommentierten Fassung strafbar bleibt und von den Behörden konsequent verfolgt wird."
Die Justizminister der Bundesländer in der Bundesrepublik Deutschland haben sich bereits im Vorfeld 2015 darauf verständigt, gegen jede unkommentierte Neuauflage strafrechtlich weiter vorzugehen. Die Inhalte von Hitlers rassistischer Kampfschrift seien nach wie vor volksverhetzend.