Kritik an Studiengebühren für Nicht-EU-ler
21. November 2017Imke Ahlen kann es nicht fassen: Die Vorsitzende des Allgemeinen Studierendenausschuss (Asta) der Universität Köln versucht erst gar nicht, sich diplomatisch auszudrücken: "Baden-Württemberg liefert uns einen Vorgeschmack auf das Desaster, auf das wir in Nordrhein-Westfalen (NRW) sehenden Auges zusteuern". Für Ahlen ist klar: Dieser "Unsinn muss gestoppt werden."
Mit "Unsinn" meint die Asta-Vorsitzende den Vorstoß der NRW-Wissenschaftsministerin Isabell Pfeiffer-Poensgen (parteilos). Diese fordert, Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer einzuführen. Das überrascht auf den ersten Blick: Im Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Landesregierung in Düsseldorf ist eigentlich der Verzicht auf allgemeine Studiengebühren festgehalten. Rheinischen Post: "Die Idee ist, dass wir es der Gruppe von Studenten aus Nicht-EU-Ländern, die hier die bestehende Infrastruktur nutzen und eine gute Ausbildung erhalten, zumuten können, sich an den Kosten zu beteiligen", erklärt Pfeiffer-Poensgen der Zeitung Rheinische Post.
Zusätzliche Einnahmen als Triebfeder
Trotz der konträren Ansichten: Ähnlich wie die Asta-Vorsitzende Imke Ahlen orientiert sich auch die Ministerin Isabell Pfeiffer-Poensgen an Baden-Württemberg. Die grün-schwarze Regierung im "Ländle" hatte im Frühjahr diesen Jahres die Einführung von Studiengebühren für Nicht-EU Ausländer beschlossen.
Die Studiengebühren für Nicht-EU Ausländer liegen dort seitdem pro Jahr bei 3.000 Euro. Setzt man den gleichen Maßstab in NRW an, dann käme eine ganz schöne Summe zusammen: Laut offiziellen Zahlen stammen 67.609 der insgesamt 740.154 Studierenden im größten deutschen Flächenland aus Nicht-EU-Ländern. Die größte Gruppe stammt aus der Türkei (14.104) gefolgt von China (8.483) und Indien (3.957).
Würde jeder Studierende, der aus einem Nicht-EU Land kommt, pro Jahr 3.000 Euro zahlen, würde das pro Jahr über 200 Millionen Euro in die Landeskassen spülen.
Orientierung an Baden-Württemberg
Für Imke Ahlen von der Asta kann sich diese Gleichung allerdings recht schnell als Milchmädchenrechnung erweisen. Nämlich dann, wenn die Studierendenzahlen zurückgehen. Ahlen verweist auf einen "drastischen Einbruch" der Zahlen in Baden-Württemberg nach Einführung der Gebühren: An sieben Hochschulen, darunter an den Universitäten Freiburg und Ulm, sei seit der Einführung der Gebühren ein Drittel der Nicht-EU-Studierenden weggefallen.
Diese Zahlen geben auch NRW Wissenschaftsministerin Isabell Pfeiffer-Poensgen zu denken: "Wir werden uns ansehen, ob dort die Bewerberzahlen - wie gemutmaßt wird - einbrechen. Falls das der Fall ist, stelle ich das Modell wieder zur Diskussion."
In Stein gemeißelt sind die Pläne auch an anderer Stelle noch nicht. Zum einen stellt die Landesregierung für Studenten aus den ärmsten Ländern der Welt Ausnahmeregelungen in Aussicht. Zum anderen reicht ein Blick in den Süden, um zu verdeutlichen wie kompliziert die Durchsetzung solcher Gebühren werden kann. In Baden-Württemberg sind in allen vier Verwaltungsbezirken inzwischen Klagen gegen die Gebühren eingegangen.