Krim-Brücke: Der Verkehr läuft eingeschränkt
9. Oktober 2022Einschränkungen des Verkehrs über das für Russland strategisch wichtige Brückenbauwerk könnten für die Front im Süden der Ukraine entscheidende Auswirkungen haben. Nach Angaben des russischen Verkehrsministeriums verkehren Güter- und Fernverkehrspassagierzüge wieder gemäß Fahrplan auf der Brücke, die das russische Festland mit der Halbinsel Krim verbindet.
Der Autoverkehr wurde mit Einschränkungen wieder aufgenommen. Allerdings kam es zu stundenlangen Wartezeiten an der Brücke, wie Medien berichteten. Grund seien strenge Kontrollen. Zudem dürfen Fahrzeuge laut Augenzeugen nur etappenweise die Brücke passieren.
Einige Fahrer schrieben in sozialen Netzwerken, sie hätten sechs bis zwölf Stunden gebraucht, um über die 19 Kilometer lange Brücke zu kommen. Probleme und Wartezeiten gab es russischen Staatsmedien zufolge auch bei dem eigens eingerichteten Fährverkehr.
Moskau ist wohl auch deshalb bemüht, betont nüchtern zu reagieren, um die Zehntausenden russischen Touristen auf der äußerst beliebten Urlaubs-Halbinsel nicht in Panik zu versetzen. Es sei für alles gesorgt, sagte Krim-Chef Sergej Aksjonow. Er meinte, die Urlauber sollten auf Staatskosten länger bleiben dürfen.
Putin gibt Ukraine Schuld an Anschlag auf Krim-Brücke
Anderthalb Tage hat Präsident Wladimir Putin zu den Explosionen auf der Krim-Brücke geschwiegen, bis er, wie zu erwarten, der Ukraine die Schuld daran gibt. Der ukrainische Geheimdienst SBU sei für die schwere Explosion verantwortlich, daran gebe es keine Zweifel, sagte Putin am Sonntagabend. "Das ist ein Terrorakt, der auf die Zerstörung kritischer ziviler Infrastruktur der Russischen Föderation ausgerichtet war."
Experten erwarten Verschlechterung der Versorgungslage russischer Truppen
Die Explosion auf der Brücke dürfte nach Ansicht britischer Experten die Kapazität der Straßenverbindung erheblich verringert haben. Wie schwer die daneben verlaufende Schienenverbindung beschädigt ist, sei unklar, hieß es in dem täglichen Geheimdienstupdate zum Ukraine-Krieg des britischen Verteidigungsministeriums. "Aber jegliche schwerere Störung ihrer Kapazität wird höchstwahrscheinlich einen erheblichen Einfluss auf die bereits angespannten Fähigkeiten Russlands haben, seine Kräfte in der Südukraine zu versorgen."
Ähnlich sieht das der pensionierte US-General Ben Hodges. Nach seiner Einschätzung dürfte die Beschädigung der Brücke Moskaus logistische Probleme in der Ukraine verschärfen, sagte Hodges, der als einer der besten Militär-Experten der Welt gilt, der DW. Es dürfte für Russland schwieriger werden, logistische Unterstützung und gepanzerte Fahrzeuge vom russischen Festland auf die Krim zu bringen. "Die Ukrainer haben konsequent die Logistik getroffen, was ein guter Weg ist, um die russischen Fähigkeiten zu schwächen." Auf die Frage, warum Kiew nicht die Verantwortung für die Explosion auf der Brücke übernommen hat, sagte Hodges: "Das müssen sie nicht. Was zählt, ist die Wirkung."
Russische Taucher untersuchen derzeit die Schäden, die durch die starke Explosion auf der erst 2018 fertiggestellten und für Russland äußerst wichtigen Straßen- und Eisenbahnbrücke zur völkerrechtswidrig annektierten ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel entstanden sind.
Auf der Krim-Brücke hatte am Samstagmorgen eine Explosion ein schweres Feuer ausgelöst. Teile der Fahrbahn in Richtung Krim stürzten ins Meer. Nach Angaben Moskauer Ermittler soll ein von russischer Seite kommender, mit hunderten Tonnen Sprengstoff beladener Lastwagen explodiert sein. Durch die Detonation gerieten mehrere mit Diesel gefüllte Kesselwagen eines Güterzuges auf der höher gelegenen Eisenbahnbrücke in Brand. Drei Menschen starben demnach.
qu/uh (dpa, rtr, dw)