Kriegsliteratur: Zweiter Weltkrieg und Drittes Reich
6. Mai 2005Götz Aly hat mit "Hitlers Volksstaat" das am heftigsten diskutierte Buch zum 60. Jahrestag von Befreiung und Kapitulation vorgelegt. Der Historiker und Journalist konstatiert als Resultat erfolgreicher "Bestechungspolitik" eine weitgehende und so gut wie bis zuletzt unverbrüchliche Übereinstimmung zwischen Herrschern und Beherrschten im Dritten Reich (S.-Fischer-Verlag).
Michael Armitage und weitere Autoren haben mit "World War II Day by Day" eine mehr als 700 Seiten starke Chronologie der Kriegstage vorgelegt. Von September 1939 bis August 1945 beschreiben sie, was an einzelnen Tagen passierte. Die Herausgeber nehmen dabei für sich in Anspruch, zu erzählen, was wirklich geschah. Das ganze mit einem US-Blick (DK Publishing Inc, Englisch).
Opferkonkurrenz und Verhältnisse
Der Historiker Norbert Frei stellt in seiner Studie "1945 und wir - Das Dritte Reich im Bewusstsein der Deutschen" eine zunehmende "Opferkonkurrenz" fest. Die Deutschen wollen, so der Befund, endlich auch als Opfer der Nazi-Herrschaft wahrgenommen werden. Der Band enthält unter anderem lesenswerte Texte über die heutige Verarbeitung des 30. Januar 1933 als historischen Einschnitt und über Mythenbildungen um Stalingrad (C.H. Beck-Verlag).
In den Tagebüchern des Rotarmisten Wladimir Gelfand geht es nicht zuletzt um dessen zahlreiche amouröse Begegnungen als Besatzungsoffizier mit deutschen Frauen ("Deutschland-Tagebuch 1945-1946", Aufbau-Verlag).
TIME Life-Bilder
Mehr als 280 Kriegsfotos aus "TIME Life" finden sich in einem Bildband von Neil Kagan und anderen. Für "Great Photographs of World War II" haben Redakteure des US-Magazins das Material zu eigenen Kapiteln des Kriegs wie "Blitzkrieg", "Battle of Britain", "Siege of Russia" oder "War in the Desert" zusammengestellt (Oxmoor House, Englisch).
Walter Kempowski hat in "Das Echolot - Abgesang '45" private Aufzeichnungen unbekannter und bekannter Zeitzeugen aus vier Tagen zwischen dem 20. April und dem 9. Mai 1945 zu einer Textcollage über Leiden, Chaos und Wahnsinn dieser Periode zusammengestellt (Albert-Knaus-Verlag).
Roman zweier Desertierter
Den Weg zweier desertierter deutscher Marinesoldaten durch die Wirren der letzten Kriegswochen verfolgt Jochen Missfeldt in seinem Roman "Steilküste". Beide wurden noch nach der Kapitulation hingerichtet. Das Buch hält sich in literarisch anspruchsvoller Form an seine historische Vorlage (Rowohlt Verlag).
Rolf-Dieter Müller beschreibt in "Der letzte deutsche Krieg 1939-1945" militärische Geschehnisse ausführlich und stellt dabei immer auch Zusammenhänge zwischen dem Kriegsverlauf und der Politik sowie auch den wirtschaftlichen Maßnahmen der Nationalsozialisten her (Klett-Cotta-Verlag).
Kompakt und für Jugendliche geeignet
Gerhard Schreiber hat mit "Kurze Geschichte des Zweiten Weltkriegs" eine sehr kompakte Darstellung der militärischen Ereignisse vorgelegt. Schreiber konzentriert sich ganz auf das militärische Geschehen (C. H. Beck-Verlag).
Eine reich bebilderte, stark an Einzelbiografien von Tätern, Opfern und auch Mitläufern orientierte und vor allem für Jugendliche geeignete Geschichte der Nazi-Herrschaft hat Hermann Vinke mit "Das Dritte Reich" vorgelegt (Ravensburger Buchverlag).
Ein Australier im Krieg
Mit dem Blick des Siegers hat der australische Journalist Osmar White das besiegte Deutschland geschildert. White beschreibt vom gigantomanischen Wahnsinn und der gleichzeitig kümmerlichen Kleinbürgerlichkeit deutscher Nazi-Bonzen bis zur pathologischen Besessenheit des US-Generals Patton von Leichen, was er gesehen hat ("Die Straße des Siegers, Eine Reportage aus Deutschland 1945", Piper-Verlag). (kap)