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Alexej Nawalny droht jahrzehntelange Haft

26. April 2023

Dem inhaftierten russischen Oppositionspolitiker Alexej Nawalny drohen eigenen Angaben zufolge neue Haftstrafen von 30 Jahren bis lebenslang. Vorgeworfen werden ihm Extremismus und Terrorismus.

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Alexej Nawalny auf einem Bildschirm
Kreml-Kritiker Alexej Nawalny weist in einer Videoschalte vor Gericht die Vorwürfe gegen ihn zurückBild: Alexander Zemlianichenko/AP Photo/picture alliance

Der inhaftierte Kreml-Kritiker Alexej Nawalny hat Extremismus- und Terrorismus-Anschuldigungen gegen ihn zurückgewiesen. In einer Voranhörung, in der das Gericht darüber entscheidet, wie viel Zeit ein Angeklagter erhält, sich mit den Vorwürfen bekannt zu machen, sprach Nawalny per Video von einer "absurden Anklage".

Es geht um Extremismus-Vorwürfe, die Nawalny zufolge 30 Jahre Gefängnis bedeuten könnten. Ihm sei zudem mitgeteilt worden, er würde auch vor einem separaten Militärgericht wegen Terrorismus angeklagt werden, was zu einer lebenslangen Haftstrafe führen könnte. Ihm werde vorgeworfen, im Gefängnis Terroranschläge vorbereitet zu haben. Nawalny, der als bekanntester Gegner von Präsident Wladimir Putin in Russland gilt, war bereits zu Gefängnisstrafen von insgesamt elfeinhalb Jahren verurteilt worden. 

Ein Mitarbeiter von Nawalny sagte, die Ermittler versuchten, die Terrorismusvorwürfe gegen Nawalny mit einem Bombenanschlag in Verbindung zu bringen, bei dem Anfang April ein russischer Militärblogger in einem St. Petersburger Café getötet wurde.

Die Presse wurde von dem Prozess weitgehend ausgeschlossen. Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch erklärte, das Gericht versuche damit, die Kommunikation des Politikers mit den Medien zu verhindern.

Zur DW sagte Nawalnys Sprecherin, ursprünglich seien alle Vorwürfe in einem Verfahren gebündelt gewesen. Der Prozess wegen Extremismus werde wahrscheinlich Ende Mai beginnen. Die Ermittlungen wegen Terrorismus seien noch nicht abgeschlossen.

Wiederholte Einzelhaft für Nawalny

Zudem wurde bekannt, dass Nawalnys Einzelhaft verlängert wurde. Nach dem Ende seiner 15-tägigen Isolationshaft sei er sofort erneut in eine Einzelzelle verlegt worden. Nawalnys Vertraute teilten auf seinem Telegram-Kanal mit, für ihn sei das sogar zu Sowjetzeiten geltende eiserne Gefängnisprinzip gebrochen worden, einem Häftling nach 15 Tagen Einzelarrest zumindest einen Tag Erholung zu gönnen.

Eine Person steht in einer nachgebauten Einzelzelle aus Beton mit einem Klappbett, einem Waschbecken, einer kleinen Heizung und einem kleinen vergitterten Fenster
Nachbau einer Einzelzelle vor der russischen Botschaft in Berlin: Unterstützer von Nawalny wollen damit auf seine Haftbedingungen aufmerksam machen (Archiv) Bild: Markus Schreiber/AP Photo/picture alliance

Für Nawalny ist es bereits die 14. Einzelhaft seit dem vergangenen Sommer. In der engen Isolationszelle sind die Bedingungen besonders hart. So können Gefangene dort kein zusätzliches Essen kaufen oder von Angehörigen besucht werden. Nawalny hatte zuletzt zudem darüber berichtet, dass ihm die Zeit zum Briefeschreiben gekürzt und sein täglicher Spaziergang im Gefängnishof auf den Morgen verlegt worden sei, damit er dort nicht die Sonne sehe.

Festnahme nach Vergiftung

Der 46-Jährige war im Januar 2021 bei der Rückkehr aus Deutschland in seine Heimat festgenommen worden. Er war in Berlin wegen einer in Russland erlittenen Vergiftung behandelt worden, für die er den Kreml verantwortlich macht. Die Regierung in Moskau wies Vorwürfe zurück, russische Behörden hätten versucht, ihn zu töten.

International gilt der bisher offiziell wegen Betrugs verurteilte Nawalny als politischer Gefangener. Menschenrechtler sprechen von Willkürjustiz, um den Gegner von Kremlchef Wladimir Putin zum Schweigen zu bringen. Nawalny hatte Korruption auf offizieller Ebene aufgedeckt und massive Proteste gegen die Staatsführung initiiert. Nach Angaben seiner Mitarbeiter leidet der Oppositionelle an einer "unbekannten Krankheit", erhalte im Gefängnis aber keine Behandlung.

ust/uh (rtr, afp, dpa, ap)