Schönte Kraftfahrtbundesamt Abgas-Berichte?
31. Juli 2017Vor mehr als einem Jahr schrieb das Kraftfahrtbundesamt (KBA) dem Bericht in der "Bild"-Zeitung zufolge, seine Experten hätten festgestellt, dass Porsche unsauber arbeitet: Das frühzeitige Herunterfahren der Abgasreinigungsanlagen beim Modell Macan sei "nach Vorschrift als Abschalteinrichtung zu sehen", hieß es in der Ursprungsversion des Prüfberichts.
Als Porsche dieser Darstellung widersprach, wurde der Text in der Endversion entschärft. Im Endbericht stehe: "Dies kann nach Vorschrift als eine Veränderung des Emissionsverhaltens des Abgassystems gesehen werden."
Dobrindt unter Druck
Für die Opposition stellt die Korrespondenz zwischen KBA und Porsche ein klares Indiz dar, dass Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) schon im Frühjahr 2016 gewusst hat, dass Porsche eine illegale Abschalteinrichtung bei seinen Autos einsetzt - und nicht erst seit vergangenem Donnerstag.
Schließlich sei der damals monierte Macan-Motor nahezu baugleich mit dem jetzt beanstandeten Aggregat im größeren Cayenne, sagte Grünen-Vizefraktionschef Oliver Krischer der "Bild"-Zeitung. "Damals wurde vertuscht. Jetzt spielt Minister Dobrindt Porsche als Bauernopfer aus, damit er nicht mit dem Abgas-Kartell in Verbindung gebracht wird", so Krischer.
Aus dem Verkehrsministerium hieß es dazu, dass das Kraftfahrtbundesamt für seinen Beitrag zum "Bericht der Untersuchungskommission Volkswagen" mit den Herstellern "Gespräche geführt und technische Fragen erörtert" habe, werde nicht bestritten. Ein solches Prozedere sei aber "international üblich und notwendig", erklärte das Ministerium.
In dem Bericht der "Bild"-Zeitung heißt es sogar, dass bereits im November 2015 Probleme mit dem Drei-Liter-Diesel des Porsche Cayenne bekannt gewesen seien. Damals hatte die US-Umweltbehörde den Motor kritisiert, Porsche zog den Wagen in den USA aus dem Verkehr. Eine Prüfung durch das KBA in Deutschland sei jedoch nicht veranlasst worden.
Bald Sammelklagen möglich?
In der Frage, ob angesichts des Diesel-Skandals Verbraucher Sammelklagen gegen die Autoindustrie anstrengen können, zeichnet sich eine Wende ab. Im ZDF-Sommerinterview sagte CSU-Chef Horst Seehofer, eine entsprechende Neuregelung müsse man "überlegen", er sei da "nicht abgeneigt".
Er signalisierte damit einen möglichen Kurswechsel mit Blick auf ein Gesetzesvorhaben von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD). Dessen Vorlage scheiterte bisher am Widerstand der Union. Der Entwurf sieht vor, dass Verbände - etwa Verbraucherschutzorganisationen - Klage gegen ein Unternehmen erheben können. Verbraucher könnten sich einfach anschließen, ohne selbst zu klagen.
"Sie zeigen keine Demut"
Seehofer sagte weiter, die Automobilindustrie erwecke den Eindruck, sie sei nicht transparent - und sie zeige keine Demut. Wenn sich daran nichts ändere, müsse man härtere Maßnahmen erwägen.
Die Vorwürfe um die Manipulation von Abgaswerten bei Dieselautos müssten zunächst aufgeklärt werden. Dann müsse man über Konsequenzen nachdenken. Dabei brachte Seehofer auch das Strafrecht ins Spiel.
Diesel-Gipfel
Am Mittwoch treffen sich unter Leitung des Verkehrs- und des Umweltministeriums Vertreter der Autohersteller, Länder und Kommunen. Auf dem Diesel-Gipfel soll es unter anderem um Wege gehen, den Schadstoffausstoß der gesamten Euro-5- und Euro-6-Flotte der Dieselmotoren wirksam zu senken - und um die Frage, wer das bezahlt.
Ein Urteil des Stuttgarter Verwaltungsgerichts hatte am Freitag Millionen Dieselfahrer - und potentielle Wähler - beunruhigt. Demnach müssen Besitzer älterer Dieselautos weiter mit Fahrverboten rechnen.
mak/ww (dpa, afp)