Demokratietest für Kosovo
12. November 2009Im Kosovo finden am 15. November Wahlen statt. Erstmals seit der Unabhängigkeitserklärung im Februar vergangenen Jahres stimmen die Kosovaren über ihre kommunalen Vertreter ab. Erstmals werden die Wahlen auch von den einheimischen Institutionen durchgeführt. Denn seit dem Ende des Kosovo-Krieges 1999, also seitdem Kosovo unter internationaler Verwaltung steht, wurden alle Wahlen von der OSZE organisiert. In der kosovarischen Öffentlichkeit werden diese Wahlen daher als wichtig gewertet.
Premier setzt auf vollen Erfolg
Dies bestätigt auch Kosovos Premier Hashim Thaci. Er ist zuversichtlich, dass die kosovarischen Institutionen diese Prüfung erfolgreich meistern werden: "Die Wahlen sind ausgenommen wichtig fürs Kosovo. Dies sind die ersten Wahlen in einem unabhängigen, demokratischen, souveränen und multiethnischen Kosovo." Die Wahlen seien von nationaler Bedeutung. Daher sei es sehr wichtig, dass sie in demokratischem Sinne verlaufen. "Dies wird bestätigen, dass unsere junge Demokratie sich in die gewünschte Richtung entwickelt und das Kosovo ein multiethnischer Staat wird. Ich glaube an den vollen Erfolg dieser Wahlen ", sagt Thaci.
Den bisherigen Verlauf des Wahlkampfs könnte man jedenfalls als erfolgreich bezeichnen. Denn es hat nur einen Zwischenfall gegeben: Eine Gruppe junger Männer hat in Decani den Konvoi von Premier Thaci mit Steinen beworfen. Schüssen waren ebenfalls zu hören, es gab aber keine Verletzten. Die Polizei griff schnell ein und verhaftete einige Tatverdächtige.
Höchste Zahl an Wahlbeobachtern in der Kosovo-Geschichte
Im Kosovo gibt es insgesamt 36 Gemeinden. Dem Plan von UN-Chefunterhändler Martti Ahtisaari zufolge sind seit der Unabhängigkeitserklärung drei zusätzliche Gemeinden mit serbischer Mehrheit gegründet worden, zwei weitere sollen folgen. Bei diesen Wahlen ist die OSZE lediglich in beratender und beobachtender Funktion tätig. Auch andere in- und ausländische Organisationen werden die Kommunalwahlen mit großer Aufmerksamkeit verfolgen. Die Vorsitzende der Zentralen Wahlkommission, Nesrin Ljusta, erklärt, es seien bislang 20.000 Wahlbeobachter akkreditiert. Das sei die höchste Zahl an Wahlbeobachtern, die es im Kosovo je gab.
Kosovo-Serben und Belgrad uneins
Zu den Kommunalwahlen sind insgesamt 76 Listen gemeldet, davon sind 21 serbisch. Letztere sind nur registriert worden in Kommunen mit serbischer Bevölkerungsmehrheit in Zentral-Kosovo. Die Serben in Nord-Kosovo haben beschlossen, auch diese Wahlen erneut zu boykottieren. Der Minister für Kosovo und Metohija in der serbischen Regierung, Goran Bogdanovic, behauptet unterdessen, Belgrad sei überrascht über eine so hohe Zahl serbischer Listen, weil die serbische Regierung, die die Unabhängigkeit des Kosovo nicht anerkennt, die Kosovo-Serben zum Wahlboykott aufgerufen habe. "Die Serben, die sich an den Wahlen beteiligen, müssen sich fragen, ob sie damit dem serbischen Staat helfen, Kosovo und Metohija zu erhalten oder unseren Kampf für den Erhalt der territorialen Souveränität und Integrität behindern", so Bogdanovic.
Die serbischen Parteien, die sich zur Teilnahme an den Wahlen entschlossen haben, sprechen dagegen von einer historischen Chance, die politische Führung in den Landesteilen zu übernehmen, die mehrheitlich von Serben bewohnt werden. Der stellvertretende Parlamentspräsident Kosovos, Slobodan Petrovic, sagt: "Wir sind bereit, jederzeit mit Vertretern des serbischen Staates zu sprechen. Aber wir haben auch unsere eigene Politik, deren Grundlage die Interessen und das Leben der im Kosovo lebenden Serben bilden." Oliver Ivanovic, Staatssekretär im serbischen Ministerium für Kosovo, hingegen fürchtet, dass die Wahlbeteiligung einiger Serben an den Kosovo-Wahlen zu Konflikten innerhalb der serbischen Gemeinschaft führen könnte.
Thacis Partei gilt als Favorit
Als Favorit bei den Kommunalwahlen gilt unter den albanischen politischen Parteien auch diesmal die Demokratische Partei Kosovos von Hashim Thaci, gefolgt vom Demokratischen Bündnis von Präsident Fatmir Sejdiu sowie der oppositionellen Allianz für die Zukunft Kosovos von Ex-Premier Ramush Haradinaj.
Für die Sicherheit bei den Wahlen wird überwiegend die kosovarische Polizei sorgen. Die NATO-Schutztruppe KFOR hat keine verstärkten Sicherheitsmaßnahmen vorgesehen. Sie befindet sich allerdings in erhöhter Alarmbereitschaft.
Autoren: Bahri Cani / Mirjana Dikic
Redaktion: Bernd Johann