Konsequenzen nach Messerangriff in Hamburg
30. Juli 2017Er lebte in Norwegen, Schweden und Spanien und kam 2015 schließlich nach Deutschland, wo er vergeblich Asyl beantragte. Seine Ausreise stand kurz bevor, doch dann verübte der Palästinenser in Hamburg einen tödlichen Messerangriff, stach auf Kunden in einem Supermarkt im Stadtteil Barmbek ein. Ein 50-jähriger Mann starb, sechs weitere Menschen wurden verletzt.
Als Konsequenz aus der Hamburger Bluttat verlangen Politiker von CDU/CSU und SPD den Druck auf Ausreisepflichtige zu erhöhen - so auch Armin Schuster, CDU-Obmann im Innenausschuss des Bundestages. Er fordert mehr Kompetenzen des Bundes bei der Rückführung. Dies sollten die Bundesländer endlich akzeptieren, sagte Schuster der "Welt am Sonntag". Auswärtiges Amt, Bundespolizei und Bundesinnenministerium hätten eine "andere diplomatische Power als die Ausländerbehörde Buxtehude oder Kleve".
Druck auf Herkunfsländer
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, sieht einen weiteren Ansatzpunkt, um abgelehnte Asylbewerber schneller in deren Heimat zurückschicken zu können. Auf "besonders kooperationsunwillige Herkunftsländer" müsse auch "wirtschaftlicher Druck" ausgeübt werden, um "Rückführungen ihrer Staatsbürger zu ermöglichen". Und in jedem konkreten Fall müsse hierzulande geprüft werden, ob die Behörden alle Instrumentarien genutzt haben, "um die Handlungsspielräume des Attentäters einzuschränken". Dazu zählten Meldeauflagen, Aufenthaltsbeschränkungen oder Abschiebehaft.
CDU-Mann Schuster forderte zudem den Koalitionspartner SPD auf, Transitzentren zur Identitätsklärung in Grenznähe zuzustimmen. "Wer täuscht, verschleiert, keine Asylgründe hat oder Dublin-Fall ist, darf erst mal nicht einreisen." Er plädiert zudem für Bundeseinreisezentren in Flughafennähe sowie eine Task Force des Bundes zur Abschiebung von Islamisten.
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer forderte ebenfalls Konsequenzen für die Abschiebepraxis. "Der verfahrenstechnische Teufelskreis bei Abschiebungen muss beendet werden", sagte er der "Bild am Sonntag". Wenn eine Radikalisierung bekannt sei, "müssten solche Personen aus dem Verkehr gezogen und festgesetzt werden, bevor sie Taten begehen."
Angreifer war im Ausreiseverfahren
Ob die geforderten Maßnahmen genützt hätten, die Messerattacke von Barmbek zu verhindern, scheint aber fraglich. Der Angreifer befand sich im Ausreiseverfahren und hatte gegen seinen negativen Asylbescheid keine Rechtsmittel eingelegt. Wie es heißt, habe er auch bei der Organisation von Pass-Ersatzpapieren mitgewirkt. Möglicherweise hatte der Mann spontan gehandelt. Laut Polizei nahm er erst im Supermarkt ein Messer und riss es aus der Verpackung.
Eine zusätzliche Erweiterung der gerade erst verschärften Gesetze lehnt die Opposition ab. "das sind die Rufe, die nach jeder Tat gebetsmühlenartig ertönen", sagte Linken-Chef Bernd Riexinger der ARD. Dabei wisse jeder, dass die bestehenden Gesetze ausreichen würden mit den Problemen angemessen umzugehen.
Anzeichen für Radikalisierung
Laut Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) gibt es bei dem 26-Jährigen Anhaltspunkte für religiöse Beweggründe und islamistische Motive, aber auch für eine "psychische Labilität". Grote sagte, es müsse nun geprüft werden, ob die Behörden allen Hinweisen auf eine mögliche Gefährlichkeit des Täters immer angemessen nachgegangen seien. Es habe Anzeichen für eine Radikalisierung gegeben, er sei aber nicht als gefährlich eingestuft worden.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft sitzt der abgelehnte Asylbewerber wegen Mordverdachts und fünffachen versuchten Mordes in Untersuchungshaft. Für eine verminderte Schuldfähigkeit hätten sich bislang keine konkreten Hinweise ergeben.
AR/fab (EPD, dpa, AFP, ARD)