Konfliktparteien behindern Berichterstattung
18. Januar 2013Wer als Journalist die Wahrheit über einen Krieg erzählen will, hat es schwer. Normalerweise hat keine der Konfliktparteien Interesse an einer neutralen Berichterstattung. Auch in Mali ist das nicht anders.
Als Marc Dugge, Hörfunkkorrespondent der ARD in Westafrika, sich auf den Weg ins Kriegsgebiet machen wollte, wurde er schon rund 100 Kilometer vor der Front gestoppt. "Wir haben Anweisung, keine Journalisten durchzulassen", erklärte ihm ein Uniformierter. "Vor allem keine Weißen."
Auch Julien Sauvaget vom französischen Auslandsfernsehen France 24 berichtet von Behinderungen: "Den Kollegen von Al Dschasira und von Reuters wurden in der Hauptstadt Bamako für einige Stunden die Kameras weggenommen." Das zeige, so Sauvaget, "dass man die freie Berichterstattung einschränken will."
Begrenzte Bewegungsfreiheit
Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" setzt sich für Medien- und Informationsfreiheit ein. "Die Situation der Journalisten", erklärt Christoph Dreyer, Afrika-Referent von "Reporter ohne Grenzen", "ist vor allem durch eine sehr eingeschränkte Bewegungsfreiheit gekennzeichnet. Sie können sich nur im Süden des Landes bewegen, da wo die Übergangsregierung die Macht und die Kontrolle hat." Sowohl die Übergangsregierung als auch das französische Militär hinderten die Berichterstatter daran, in die unmittelbaren Kampfgebiete zu gehen.
Natürlich gebe es Journalisten, die versuchten, auf eigene Faust in den Norden zu gelangen. Doch das ist lebensgefährlich. Die Lage im umkämpften Gebiet ist unübersichtlich. Die Rebellen sind zersplittert. Westliche Journalisten könnten als Geiseln genommen oder als Vertreter des Feindes ermordet werden.
Im Moment, sagt Christoph Dreyer, sei es kaum möglich, sich ein unabhängiges Bild von der Situation zu machen. Durch die Zugangsbeschränkungen seien die Journalisten weitgehend auf die Informationen angewiesen, die ihnen die Konfliktparteien zur Verfügung stellen. "Wir fordern, dass die Sicherheit der Journalisten garantiert wird. Sie müssen ungehindert arbeiten und sich im ganzen Land bewegen können."
Vom Vorbild zum Sorgenkind
Es ist noch gar nicht so lange her, da war Mali ein Vorbild in Sachen Pressefreiheit. Es gab mehr als 130 lokale Radiostationen, rund 30 Wochen- und ein halbes Dutzend Tageszeitungen. "Die Presse", sagt Dreyer, "konnte lange sehr frei agieren".
Doch dann putschte im Frühjahr 2012 das Militär gegen Präsident Amadou Toumani Touré. "Seitdem", so Dreyer, "ist die Pressefreiheit ständig verletzt worden: Es wurden Journalisten bedroht, zum Teil verschleppt, Redaktionen wurden abgehört, Redakteure und Informanten zu Verhören zitiert. Es gab bewaffnete Angriffe auf einen Radiosender, mehrere Journalisten wurden gekidnappt, zusammengeschlagen und schwer verletzt."
Schließlich legten Malis Journalisten Mitte vergangenen Jahres aus Protest für einen Tag die Arbeit nieder. "Leider", sagt Dreyer, "hat sich die Übergangsregierung bisher überhaupt nicht als Verteidiger der Pressefreiheit erwiesen." Für die Zukunft sei das "kein sehr gutes Omen".
Doch auch die islamistischen Rebellen im Norden des Landes haben kein Interesse an unabhängigen Berichten. Viele nordmalische Journalisten sind deswegen aus Angst in den Süden geflohen.
Vorteile für Ausländer
Zumindest für die ausländischen Reporter scheint sich die Lage aber ein bisschen zu entspannen, berichtet der Franzose Julien Sauvaget. "Das liegt vor allem daran, dass die Medienvertreter so viel Druck gemacht haben."
Es gebe zwar noch immer Vorbehalte, so Sauvaget. Aber langsam werde es ein wenig einfacher, sich den Soldaten zu nähern, von Seiten der französischen und der malischen Armee Informationen bestätigt zu bekommen und Bilder und Interviews zu machen.
"Das ist bei allen Armeen so", erklärt Sauvaget: "Da macht keiner Luftsprünge, wenn Journalisten etwas wollen. Sie sagen, es gehe um unsere Sicherheit, aber es ist klar, dass sie auch gern die Informationen kontrollieren wollen." Das aber sei in Zeiten des Internets sowieso unmöglich.