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Kompromiss in Durban - Neuer Klima-Fahrplan

11. Dezember 2011

Der längste UN-Klimagipfel aller Zeiten ist mit der Verabschiedung der sogenannten Durban-Plattform zu Ende gegangen. Bis zum Schluss stand die Konferenz auf der Kippe. Bundesumweltminister Röttgen zeigte sich zufrieden.

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Eisberg in der Antarktis
Bild: Fotolia/Raldi Somers

Nach 30-stündiger Verlängerung einigten sich die Delegierten der 194 Staaten, die der UN- Klimakonvention beigetreten sind, gegen sechs Uhr am Sonntagmorgen Ortszeit (11.12.2011) unerwartet doch noch auf einem Durchbruch für die Fortsetzung des UN-Klimaprozesses. Nach zwei vollen Nächten Verhandlungsmarathon konnte UN-Klimachefin Christiana Figueres verkünden, dass die UN-Klimakonferenz in Südafrika mit der sogenannten Durban-Plattform zu Ende gegangen sei.

Das Logo der Konferenz in Südafrika

Ob die Einigung letztendlich zu Stande kam, weil die Delegierten nach fast 30-Stunden zusätzlichen Verhandlungen über das offizielle Ende der Konferenz hinaus einfach nicht mehr konnten oder ob der eindringliche Appell der südafrikanischen Außenministerin Maite Nkoana-Mashabane ausschlaggebend war, sei dahingestellt. Sie hatte sichtlich erschöpft an das Plenum appelliert, sich zu einigen: "Wir wissen alle, dass die Ergebnisse nicht perfekt sind. Aber wir sollen nicht die Perfektion zum Feind des Guten und des Möglichen machen."

Kyoto-Abkommen gerettet

Die sogenannte Durban-Plattform gilt als Startschuss für eine globale Klimapolitik, die die globalen Treibhausgas-Emissionen in den nächsten Jahrzehnten so reduzieren soll, dass eine globale Erwärmung unter zwei Grad Celsius bleibt. Mit der jetzigen Politik prognostizieren Wissenschaftler einen Temperaturanstieg von bis zu vier Grad.

Die südafrikanische Außenministerin Nkoana-Mashabana (Foto:dapd)
Um Einigung bemüht: Südafrikas Außenministerin Nkoana-MashabaneBild: dapd

Das neu ausgehandelte Abkommen sieht einen Fahrplan zu einem rechtswirksamen Weltklimavertrag bis 2017 oder 2020 vor, der nicht nur Industrie-, sondern auch Schwellen- und Entwicklungsländer verpflichten soll, ihre Emissionen zu reduzieren.

Als Gegenzug willigte die EU ein, eine sogenannte zweite Verpflichtungsperiode für das bis heute einzige, verbindliche Emissions-Abkommen, das Kyoto-Protokoll, einzugehen. Ob diese zweite Verpflichtungsperiode für fünf oder für acht Jahre gelten wird, soll nächstes Jahr festgelegt werden. Damit ist nicht nur das Kyoto-Protokoll gerettet, sondern auch ein Fahrplan angenommen worden, der innerhalb den nächsten Jahren unterschriftsreif werden soll.

Verpflichtungen gefordert

Perfekt ist das Abkommen auch nach der Marathonsitzung nicht. Durch die Verhandlungen hindurch hat vor allem die Europäische Union auf ein ambitioniertes Ergebnis bestanden. Bis zum Schluss verteidigte EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard den Vorstoß für ein zukünftiges, rechtsverbindliches Abkommen: "Wenn man ein sehr großes Problem hat, ein globales Problem, ein internationales Problem, reichen freiwillige Mittel nicht aus, um das Problem zu lösen", unterstrich sie. Nach stundenlangem Schlagaustausch ließ sich die EU-Kommissarin dann auf die Formulierung "rechtswirksames Ergebnis" ein, die als Kompromiss zwischen Indien und der Europäischen Union von der Südafrikanerin Nkoane-Mashabane angeregt worden war.

Neue EU-Allianz

EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard (Foto: EPA)
Connie Hedegaard, EU-KlimakommissarinBild: picture-alliance/dpa

Bundesumweltminister Norbert Röttgen wertete das Ergebnis als Erfolg. Es sei richtig gewesen, dass die Europäer hart geblieben seien. Auch die Allianz mit den am wenigsten entwickelten Staaten habe seine positive Wirkung nicht verfehlt, so der CDU-Politiker. Durch diese - völlig neue - Allianz mit den ärmsten Entwicklungsländern und den kleinen Inselstaaten hatte die EU auf der Konferenz in Durban ihre Forderungen weitgehend durchsetzen können. Tage und Nächte wurde verhandelt. Klimaexperte Martin Kaiser von Greenpeace sieht das Gesamtergebnis eher skeptisch. Er räumte aber ein: Allein die Tatsache, dass China und Indien gemeinsam mit Brasilien und Südafrika Bereitschaft zeigen, sich durch einen globalen Klimaschutzvertrag einbinden zu lassen, sei sehr positiv. Jedoch, so warnt Kaiser: "Das Damoklesschwert, dass am Ende die USA wieder nicht dabei sein werden bei der Rechtsverbindlichkeit, ist immer noch gegeben."

Viele Fragen, die für die tatsächliche Erschaffung eines internationalen Klimaabkommens, das die größten Atmosphären-Verschmutzer mit ins Boot holen soll, sind in die Arbeitsgruppen verwiesen worden. Zwar haben - und das ist durchaus als Erfolg zu bewerten - die USA und China jetzt zum ersten Mal zugestimmt. Für diese Zustimmung gab es jedoch auch einen Preis, betont Klimaexperte Jan Kowalzig von Oxfam: „Bei den Chinesen war der Preis der, dass die Form des zukünftigen Abkommens offen gelassen wird, und bei den USA und auch bei China war auch noch der Preis zu bezahlen, dass wir keinen vernünftigen Prozess aus Durban herausbekommen, wie wir im nächsten Jahr den Ehrgeiz weltweit im Klimaschutz erhöhen können.“

Enttäuschende Finanzierung

Auch, so fügt er hinzu, ist man in Durban in der Frage nach Finanzierung der Klimaanpassungsmaßnahmen für die ärmeren Länder nicht wirklich weiter gekommen: "Das stand hier auf der Agenda, aber da gibt es nur ein sehr schwaches Arbeitsprogramm ohne konkrete Zielorientierung, ohne dass wir wissen, was am Ende dabei rauskommt."

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (Foto: dpa)
Am Ende zufrieden: Umweltminister Norbert RöttgenBild: picture-alliance/dpa

Trotz Schönheitsfehler ist das Durban-Paket jedoch ein Durchbruch für die seit Jahren stagnierenden UN-Klimaverhandlungen. Der erste Schritt in Richtung einer verbindlichen, weltweiten Emissionsverminderung ist getan. Ob es damit gelingt, die globale Erwärmung auf zwei Grad oder gar 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, ist unsicher. Wissenschaftler warnen, dass nicht mehr viel Zeit bleibt – und das der Klimawandel, mit Konsequenzen wie häufigere Dürren, Überflutungen, Waldbrände und extreme Wetterereignisse wie Taifune und Hurrikans, schneller voranschreitet, als noch vor fünf Jahren vorhergesagt.

Das Ergebnis aus Durban ist jedenfalls nicht in Bruchteilen von Grad Celsius zu messen – die werden erst in den kommenden fünf Jahren ausgehandelt werden.

Autorin: Helle Jeppesen
Redaktion: Johannes Beck / Marko Langer