Landes-Skandalbank vor Gericht
24. Juli 2013Nach den für einen Mammutprozess üblichen taktischen Spielereien hat mit der Verlesung der Anklageschrift schließlich der Hamburger Prozess gegen den früheren Vorstand der HSH Nordbank begonnen. Die Staatsanwaltschaft trug detailliert die Vorwürfe gegen die sechs früheren Bankmanager vor. Sie sollen der Bank bei einem Finanzgeschäft 2007 einen Schaden von 158 Millionen Euro zugefügt haben. Dabei hätten sie ihre Pflichten verletzt und damit Untreue in einem besonders schweren Fall begangen. Zwei der Angeklagten wird zudem Bilanzfälschung vorgeworfen.
Unter großem Medienandrang betraten die Ex-Vorstände begleitet von ihren Anwälten das Hamburger Strafjustizgebäude, unter ihnen der 2007 amtierende Vorstandschef Hans Berger und der damalige Ex-Finanzchef und spätere Vorstandschef Dirk Jens Nonnenmacher, "Dr. No", wie der Manager mit dem nach hinten gegelten Haar intern genannt wurde (Artikelfoto). Die sechs Angeklagten wollen sich erst einmal nicht äußern. Vor dem Beginn der Beweisaufnahme wird das Gericht zunächst erläutern, warum es die Anklage der Staatsanwaltschaft zugelassen hat.
Einsprüche der Verteidiger
Die Verhandlung war bereits kurz nach Beginn unterbrochen worden, weil die Verteidigung von zwei Angeklagten die Verlesung der Anklageschrift in der vorliegenden Form nicht für zulässig hielt. Nachdem die Kammer unter dem Vorsitz des Richters Marc Tully diese Anträge zurückgewiesen hatte und die Anklage verlesen war, rügten die Verteidiger die Besetzung des Gerichtes. Die 8. Große Strafkammer des Hamburger Landgerichts sei nicht zuständig. Einer der Verteidiger begründete den Antrag mit Hinweis auf die Geschäftsverteilung der Hamburger Gerichte.
Im Kern geht es um ein komplexes Wertpapiergeschäft, mit dem die HSH ihr Kapitalpolster - vor einem für 2008 geplanten, aber nie vollzogenem Börsengang - aufhübschen wollte. Damit holte sie sich aber Risiken ins Haus, die sie fast in die Pleite getrieben hätten. Hamburg und Schleswig-Holstein mussten die Landesbank mit einem 13 Milliarden Euro schweren Rettungspaket vor dem Kollaps bewahren.
Angeklagten drohen auch Schadensersatzforderungen
40 Verhandlungstage hat das Landgericht Hamburg bis 2014 festgesetzt. Im Zentrum des Prozesses wird über die nächsten Monate die Frage stehen, ob die Angeklagten ein unvertretbares wirtschaftliches Risiko eingegangen sind. Die Verteidigung bestreitet das. Nonnenmachers Anwalt Heinz Wagner hatte vor Beginn des Verfahrens argumentiert, es habe sich um bankübliche Geschäfte gehandelt.
Das Gesetz sieht bei Untreue in besonders schweren Fällen Haftstrafen zwischen sechs Monaten und zehn Jahren vor. Doch werden Verfahren nicht selten gegen Geldauflagen eingestellt. Bei einer Verurteilung kämen auf die Angeklagten möglicherweise Schadenersatzansprüche der HSH zu.
ul/sc (dpa, rtr)