Kommt uns das Homeoffice zu teuer?
26. Mai 2021Die verringerten Ausgaben von Büroangestellten träfen Gastronomie, stationären Einzelhandel und den Personennahverkehr besonders hart, erklärten die Finanzexperten der Unternehmensberatungsfirma Pricewaterhouse Coopers GmbH (PWC) in München.
Derzeit arbeiteten rund 30 Prozent der Angestellten in Deutschland zuhause statt im Büro. Für das Pendeln zum Arbeitsplatz, das Mittagessen im Restaurant, Einkäufe im Büroviertel oder auf dem Arbeitsweg und für Unterhaltung gäben sie weniger Geld aus. Die direkt betroffenen Branchen verlören dadurch 5,7 Milliarden Euro Umsatz.
Einzelne Branchen hart getroffen
Dazu kämen indirekte Effekte wie beispielsweise der geringere Energieverbrauch von Gaststätten. Das führe zu einem wirtschaftlichen Rückgang von 4,1 Milliarden Euro. Die verringerte Kaufkraft der Beschäftigten in den betroffenen Branchen schlage mit 5,1 Milliarden Euro zu Buche. Ergebnis sei ein Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um voraussichtlich 14,9 Milliarden Euro oder 0,3 Prozent, heißt es in der PwC-Analyse "Economic impact of Covid-19 induced Home Office".
Die Bruttowertschöpfung von Personenbeförderung, Tourismus, Reiseanbietern, Hotels und Gaststätten sei 2020 um ein Drittel gesunken und dürfte sich bis 2022 nicht auf Vorkrisenniveau erholen. Die Bruttowertschöpfung im stationären Einzelhandel dürfte nach einem Rückgang um 8,6 Prozent im Vorjahr dieses Jahr um 4 Prozent steigen. "Ein ähnliches Bild zeigt sich in der Unterhaltungsbranche", schrieben die PwC-Analysten.
Wie geht Arbeit morgen?
Künftig dürften flexible Arbeitsmodelle vorherrschen. "Es ist davon auszugehen, dass viele Unternehmen mit Blick auf den Wissenstransfer und Zusammenhalt der Belegschaft auf hybride Lösungen setzen werden. Dadurch können auch vom Bürobetrieb abhängige Branchen mittelfristig auf eine Erholung der Umsätze hoffen", sagte PwC-Projektleiter Thorben Wegner.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat der Wirtschaft bei einer weiteren Entspannung der Pandemie-Lage Lockerungen der Homeoffice-Pflicht in Aussicht gestellt. "Die Idee, dass man zur Normalität zurückkehrt, bedeutet, dass man dort, wo es Sinn macht, wieder vor Ort arbeiten kann", sagte Altmaier am Sonntagabend im Politik-Talk einer Tageszeitung. Es werde dann "Schritt für Schritt weniger Vorschriften" zum Homeoffice geben.
Uneinige Arbeitgeber
Viele Unternehmen wollen allerdings, dass ihre Beschäftigten so schnell wie möglich aus dem Homeoffice zurückkommen. "Die Impffortschritte in Gesellschaft und Unternehmen müssen mit einer parallelen Rückkehr in einen normalen Geschäftsbetrieb verbunden sein", fordert der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) in einem an die Bundesregierung adressierten Zehn-Punkte-Papier.
Der Arbeitgeberverband BDA hat dagegen in Aussicht gestellt, dass Betriebe auch ohne Pflicht weiter Homeoffice und Coronatests anbieten werden. "Wir Arbeitgeber haben immer klar gesagt, dass wir Testen und Homeoffice im Interesse von Beschäftigten und im Eigeninteresse der Unternehmen aktiv unterstützen", so Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter am Dienstag. Gewehrt hätten sich die Unternehmen nur gegen eine bürokratische gesetzliche Überregulierung. "Diese Bürokratie soll Ende Juni auslaufen - das bedeutet nicht das Ende von Homeoffice oder Testen", betonte Kampeter. Die Arbeitgeber stünden auch so zu ihren Beschäftigten.
dk/hb (dpa, rtr, afp)