Kommt der Kohleausstieg früher?
22. Juni 2019CSU-Chef Markus Söder und Bundeskanzlerin Angela Merkel denken über einen früheren Kohleausstieg als 2038 nach. "Sind wir ehrlich: Die deutschen Klimaziele sind bis 2030 nur zu erreichen, wenn wir den Kohleausstieg massiv beschleunigen", sagte Bayerns Ministerpräsident Söder dem "Münchner Merkur". "Am Ende müssten wir eigentlich im Jahr 2030 aussteigen."
Der Ende Januar erzielte Kohle-Kompromiss sieht einen schrittweisen Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2038 vor. Als Ausgleich sollen die betroffenen Standorte 40 Milliarden Euro für Strukturhilfen vom Bund bekommen. Über die Verteilung will Söder noch einmal reden. "Es können nicht einfach 40 Milliarden Euro nur als Ausgleich für Bergbauregionen verwendet werden. Das Geld ist in der Forschung für erneuerbare Energien besser aufgehoben und würde Jobs in ganz Deutschland halten", sagte der CSU-Chef. Zustimmung gab es von der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Der Landesgruppenvorsitzende der CSU im Bundestag, Alexander Dobrindt, unterstützte Söder im Grundsatz, wollte sich aber nicht auf das Datum 2030 festlegen.
Auch die Kanzlerin forderte auf dem Evangelischen Kirchentag in Dortmund, dass die Politik in der Klimapolitik schneller werden müsse. Zuvor hatte Merkel angedeutet, dass auch sie mittlerweile mit einem früheren Kohleausstieg als 2038 rechne. Deutschland wolle Klimaneutralität bis 2050 erreichen, betonte sie auf dem Kirchentag. Alle Staaten müssten ihre Klimaziele erreichen und die Industriestaaten dabei als Vorbilder vorangehen. Es gebe "eine Riesengefahr, eine große Wahrscheinlichkeit", dass die durchschnittliche Erdtemperatur ansonsten um mehr als 1,5 Grad ansteige. "Wir wissen, dass das ganz verheerende Folgen hätte."
"Super Vorschlag"
Für seine Forderungen wurde Söder scharf kritisiert. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) erklärte, der Kohle-Ausstieg 2038 sei vereinbart. Der CDU-Politiker wies auf die beiden Braunkohleregionen in Sachsen sowie auf die Beschäftigten in der Branche hin. Mit saloppen Worten fügte Kretschmer mit Blick auf Söder hinzu: "Super Vorschlag. Wenn du in Bayern keine Braunkohle hast, kannst du das super fordern."
Der Deutsche Gewerkschafts-Bund (DGB) mahnte, den gefundenen Kompromiss "zügig und eins zu eins umzusetzen". Dieser sei mühsam gefunden worden, betonte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell. Wer den Kohleausstieg auf 2030 vorziehen und gleichzeitig die zugesagten Strukturhilfen den Revieren vorenthalten wolle, der kündige diesen Kompromiss auf.
CO2-Ausstoß soll teurer werden
Die Bundesregierung will Ende September klären, wie sie die Klimaschutzziele 2030 erreichen kann, die einen drastischen Abbau der Treibhausgas-Emissionen vorsehen. Dazu soll der CO2-Ausstoß auch in Bereichen wie Verkehr, Landwirtschaft und Bau teurer werden. Dies lässt sich über eine Ausweitung des Handelssystems mit Verschmutzungszertifikaten oder über eine CO2-Steuer erreichen.
Bereits entschieden hat die Bundesregierung, dass Gaskraftwerke wieder stärker gefördert werden können. Diesen Weg will gerade Bayern auch nach dem Abschalten der letzten Atommeiler gehen. Die Bundesregierung hatte sich zuvor nach den Empfehlungen der Kohle-Kommission auf einen Ausstieg aus der Braunkohle-Verstromung bis spätestens 2038 sowie umfangreichen Hilfen für die betroffenen Braunkohlereviere festgelegt.
Am Montag will sich der CSU-Vorstand mit der Klimapolitik befassen. Söder bekräftigte zugleich sein Nein zu einer CO2-Steuer. Nötig sei ein Anreizsystem mit Entlastungen. Söder regte zudem "eine europaweite Maut mit ökologischer Lenkungswirkung" an. Über eine Besteuerung von Kerosin könne man europaweit reden.
sth/kle (rtr, dpa, afp)