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Kommission verweigert Bekanntgabe des Wahlsiegers

21. Juni 2012

Der Unmut der Ägypter wächst. Die Bekanntgabe des Ergebnisses der Präsidenten-Stichwahl wurde verschoben. Möglicherweise wird die Abstimmung in mehr als 100 Wahllokalen wiederholt.

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Poteste auf dem Tahrir-Platz (Foto: AP)
Bild: AP

Eigentlich sollte das Wahlergebnis an diesem Donnerstag bekanntgegeben werden. Jetzt teilte die Wahlkommission mit, sie brauche mehr Zeit, um die mehr als 400 Einsprüche wegen angeblicher Wahlfälschung sorgfältig zu prüfen. Derzeit würden die Beschwerden beider Lager ausgewertet, sagte der Generalsekretär der Kommission, Hatem Bagato. In mehreren Wahllokalen soll die Zahl der Stimmzettel in den Urnen höher gewesen sein als die Zahl der Wähler, deren Anwesenheit vom jeweiligen Wahlleiter festgestellt wurde. Die Wahlkommission zeigte sich bemüht, die Stimmung zu beruhigen. Man wolle schnellstmöglich bekanntgeben, ob Muslimbruder Mohammed Mursi oder Ex-Minister Ahmed Schafik gewonnen habe, hieß es. Beide haben sich bereits zum Wahlsieger erklärt.

Unterdessen berichtete das regierungsnahe Nachrichtenportal "Al-Ahram Online", die Wahlkommission erwäge, die Stichwahl in zahlreichen Wahllokalen zu wiederholen. Nach dem Bericht geht es um mehr als 100 Wahlbezirke, in denen das Ergebnis durch gefälschte Stimmzettel offensichtlich manipuliert worden sein. Die Entscheidung über das weitere Vorgehen sei aber noch nicht gefallen.

Wut der Bevölkerung wächst

Die Muslimbruderschaft zeigte sich erzürnt. Schon in der Nacht zum Donnerstag zogen Tausende ihrer Anhänger zum Tahrir-Platz im Zentrum von Kairo, um ihrem Unmut Luft zu machen. Der Zorn der Menschen richtete sich allerdings nicht nur gegen die Verschiebung der Bekanntgabe des Wahlsiegers. Wütend sind die Ägypter auch auf die Militärführung des Landes. Sie habe einen Großteil der Macht an sich gerissen und auch die Befugnisse des künftigen Präsidenten beschnitten, kritisieren die Demonstranten.

In der vergangenen Woche hatte das Verfassungsgericht das Wahlgesetz weitgehend für ungültig erklärt und damit die Parlamentswahl annulliert. Der regierende Oberste Militärrat hatte daraufhin das von Islamisten dominierte Parlament für aufgelöst erklärt und sich - bis zu Neuwahlen - die Kontrolle über die Gesetzgebung und den Haushalt sowie ein Vetorecht bei der Ausarbeitung der neuen Verfassung gesichert.

Menschenrechtler werfen Militärs Machtmissbrauch vor

Die US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat dem ägyptischen Militär zunehmende Selbstermächtigung und Machtmissbrauch vorgeworfen. "Die unermüdliche Ausweitung der Vollmachten, um Zivilisten festzunehmen und abzuurteilen, geht derzeit weit über die Vollmachten unter Husni Mubarak hinaus", erklärte Joe Stork, der Nahost-Direktor der Organisation, in New York. Die verfassungsrechtlichen Erlässe des regierenden Obersten Militärrates seien jüngste Anzeichen dafür, dass es am 30. Juni nicht wie angekündigt eine Machtübergabe an den neuen Präsidenten geben werde.

Zwei Wahlsieger?

Nach der Präsidentenstichwahl vom vergangenen Sonntag hatten sich sowohl der Kandidat der Muslimbruderschaft, Mohammed Mursi, als auch der frühere Minister Ahmed Schafik zum Sieger erklärt. Das Team des Islamisten Mursi behauptet, ihr Kandidat habe rund 52 Prozent der Stimmen erhalten. Die Unterstützer des früheren Mubarak-Getreuen Schafik sehen ihren Mann mit 51,5 Prozent vorne.

Mubarak weiter im Koma

Inzwischen soll sich der Zustand des im Februar vergangenen Jahres nach Massenprotesten zurückgetretenen schwerkranken Ex-Staatschefs Husni Mubarak zumindest etwas stabilisiert haben. Sein Herz und andere lebenswichtige Organe funktionierten, lebenserhaltende Maschinen seien daher nicht länger notwendig, erklärten Sicherheitskreise in Kairo. Der 84-Jährige hatte am Dienstag nach Angaben von Ärzten einen Hirnschlag und einen Herzanfall erlitten und liegt seither im künstlichen Koma in einem Kairoer Militärkrankenhaus.

Husni Mubarak im Jahr 2009 (Foto: picture-alliance/dpa)
Husni Mubarak im Jahr 2009Bild: picture-alliance/dpa

qu/ml/hp (dpa, afp, rtr, dpa)