In Katar dürften die Sektkorken knallen oder was auch immer die Katarer zur Hand nehmen, wenn sie große Erfolge feiern. Erstmals überhaupt ist ein Nicht-Europäer in das Exekutivkomitee der Europäischen Fußball-Union (UEFA) gerückt, das höchste Gremium des Verbands - und dann gleich ein Katarer. Ein weiterer Schritt in dem seit Jahren andauernden und zunehmend erfolgreichen Bemühen des Emirats, im Sport ein gewichtiges Wort mitzureden. Nasser al-Khelaifi, das neue UEFA-Exko-Mitglied, steht geradezu exemplarisch für diese Entwicklung. Der 45 Jahre alte Geschäftsmann aus Katar ist seit gut sieben Jahren Präsident des französischen Serienmeisters Paris St. Germain. Im Mai 2011 erwarb das katarische "Qatar Sports Investments" (QSI) unter Leitung al-Khelaifis die Mehrheitsanteile an dem damals hoch verschuldeten Verein, im November desselben Jahres übernahm al-Khelaifi auch die Klubspitze.
PSG unter Beobachtung der UEFA
QSI gehört zum milliardenschweren Staatsfonds Katars. In den vergangenen Jahren pumpte QSI Hunderte von Millionen Euro in den Fußballklub aus der französischen Hauptstadt. Mit den UEFA-Grundsätzen des Financial Fair Play - vereinfacht gesagt: die Ausgaben der Vereine müssen durch die Einnahmen gedeckt sein - nahm es Paris St. Germain dabei nicht so genau. So soll PSG der UEFA unrealistisch hohe Sponsorenverträge vorgelegt haben, um damit Super-Transfers wie die von Neymar (2017 für 222 Millionen Euro vom FC Barcelona nach Paris) und Kylan Mbappe (für 160 Millionen vom AS Monaco) zu legitimieren. Der Verein steht wegen der Vorwürfe unter Beobachtung der UEFA.
Treppenwitz
PSG-Chef al-Khelaifi wurde nun beim UEFA-Kongress in Rom per Akklamation ins Exekutivkomitee des Verbands aufgenommen. Nominiert hatte ihn die European Club Association (ECA), für die in dem Gremium zwei Plätze reserviert sind. Dass al-Khelaifi ausgerechnet in jenem Ausschuss der ECA sitzt, der sich mit Financial Fairplay beschäftigt, ist eigentlich schon ein Witz. Dass er jetzt auch noch in die Führungsriege der UEFA aufrückt, gegen deren Vorschriften sein Verein nach Erkenntnissen der Enthüllungsplattform "Football Leaks" offenkundig mehrfach verstoßen hat, ist ein Treppenwitz.
Genauso wie die Begründung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), warum sie nicht gegen al-Khelaifi gestimmt hat. "Mit der Funktion im Exko wird al-Khelaifi noch stärker in das Regelwerk der UEFA eingebunden sein", sagte DFB-Präsident Reinhard Grindel. "Damit steigt auch seine Verantwortung, sich generell und natürlich besonders in seinem Verein für die Einhaltung des Financial Fair Play einzusetzen." Wenn man das konsequent zu Ende denkt, sollte man künftig vielleicht auch Bankräuber an verantwortlicher Stelle im Justizministerium einsetzen. Oder Steuerhinterzieher im Finanzamt.
Biegsames Rückgrat
Mit der Berufung al-Khelaifis in die UEFA-Exekutive wurde der sprichwörtliche Bock zum Gärtner gemacht. Das sagt viel aus über den Zustand des europäischen Fußball-Gartens: Der Einfluss der reichsten (und damit in aller Regel auch erfolgreichsten) Vereine wird immer stärker. Das Rückgrat der Funktionäre ist umso biegsamer, je höher die Summen sind, um die es geht. Und trotz aller Korruptionsskandale der vergangenen Jahre gilt weiterhin: Nicht nur im Zweifel geht Geld vor Moral.