Trumps Besuch offenbart Indiens Konflikte
Donald Trump hat seinen mehrtägigen Besuch in Indien genutzt, um die Beziehungen zu Ministerpräsident Narendra Modi zu intensivieren. Modi und Trump sind zwei Staatsmänner von gleicher Art: Sie unterstützen sich nicht nur gegenseitig, sie lernen auch voneinander. Trump konnte seinen Fans in den USA durch den begeisterten Empfang, den Modi für ihn organisiert hatte, zeigen, dass er auf internationaler Bühne Anerkennung findet. Modi wiederum konnte seinen Anhängern den Schulterschluss mit der Supermacht USA demonstrieren.
Mit Blick auf die von Trump so geschätzten "Deals" dürfte der US-Präsident zufrieden sein: US-Rüstungsgüter im Wert von drei Milliarden US-Dollar nimmt Indien ab. In Bezug auf Handelsfragen gibt es aber noch Klärungsbedarf: Laut Weißem Haus vereinbarten Modi und Trump, die laufenden Gespräche zügig zum Abschluss zu bringen. Beide Seiten "hoffen, dass dies zur ersten Phase eines umfassenden bilateralen Handelsvertrags führen wird."
China im Hintergrund
Ein solches Abkommen würde nicht zuletzt die Position der USA im Handelsstreit mit China stärken. Die andere Nation mit einer Milliarden-Bevölkerung, aber entgegengesetztem politischen System, wurde bei dem Treffen nicht namentlich erwähnt. Zumindest aus Sicht Washingtons sind die Beziehungen zu Indien jedoch immer auch Bestandteil des strategischen Verhältnisses zu China. Trump wagte sich nur indirekt zu diesem Thema vor: Er habe mit Modi auch über die Bedeutung eines "sicheren" 5G-Netzes gesprochen. Wegen Sicherheitsbedenken ist der chinesische Telekom-Ausrüster Huawei auf dem US-Markt nicht zugelassen.
Gefahr für Indiens internationalen Einfluss
Die Gespräche der beiden Staatsführer waren von den schlimmsten Ausschreitungen zwischen den großen Religionsgruppen - Muslimen und Hindus - in der indischen Hauptstadt seit Jahrzehnten überschattet. Über 20 Menschen wurden bei dreitägigen Ausschreitungen getötet. Hintergrund ist das umstrittene neue Gesetz über die Staatsbürgerschaft, durch das die indischen Muslime sich benachteiligt sehen. Trump und Modi gingen jedoch auf Unruhen nicht ein. Der US-Präsident erklärte lediglich, er wolle das indische Gesetz nicht kommentieren, Indien treffe alleine die für das Land richtigen Entscheidungen. Im übrigen sei er davon überzeugt, dass Modi "hart" für Religionsfreiheit in seinem Land arbeite.
Trumps demonstrative Unterstützung sollte Modi nun nutzen, den fanatischen Kern seiner Unterstützer unter Kontrolle zu bringen. Die extremistischen Hindu-Aktivisten sind im Begriff, das internationale Ansehen Modis und Indiens schwer zu beschädigen. Ein von Gewalt zerrissenes Indien passt nicht zum Selbstbild eines bedeutenden modernen Staates, der sich an friedensbildenden Maßnahmen beteiligt und eine konstruktive Rolle beim Erhalt der internationalen Ordnung spielen will.