Trump meint, was er im Wahlkampf sagte
Man kann sich daran stören, dass der jetzt offiziell als President-elect firmierende Donald Trump weiterhin per Twitter über die Medien, Demonstranten oder ein Theaterensemble herzieht, weil sie ihn, seine Politik und meistens beides kritisieren.
Man kann sich daran stören, dass President-elect Trump einem anderen Land, Großbritannien, ebenfalls per Twitter öffentlich nahelegt, welchen Botschafter es doch bitte in die USA entsenden soll - nämlich seinen Männerfreund, den Brexit-Architekten Nigel Farage.
Man kann sich daran stören, dass President-elect Trump zwar drei Klagen wegen Betrugs gegen seine nach ihm benannte Universität mit einem 25 Millionen Dollar-Vergleich beilegte, aber dass noch immer Dutzende Verfahren, an denen er beteiligt ist, weiterlaufen.
Und man kann sich daran stören, dass President-elect Trump seine Steuererklärung weiterhin nicht veröffentlicht und die angekündigte Trennung von Trumps Geschäftsinteressen und seinem Amt durch Übertragung der Führung seiner Geschäfte auf seine Familie bestenfalls dubios anmutet.
An all dem kann und sollte man sich stören. Denn dies sind Indikatoren, die darauf verweisen, dass der Kandidat Trump sich bislang nicht grundsätzlich vom President-elect Trump unterscheidet. Zwar könnte man nun noch immer darauf setzen, dass Trump diesen Wandel vollzieht, sobald er ins Weiße Haus einzieht.
Fakten geschaffen
Doch diese Hoffnung mutet trügerisch an, denn Trump hat bislang nicht nur per Twitter vom Leder gezogen, er hat auch Fakten geschaffen. Und diese Fakten enthalten eine klare Botschaft: Trump ist gewillt, Vieles von dem, was er im Wahlkampf angekündigt hat, auch umzusetzen.
So erklärte er jetzt per Videobotschaft, dass der Ausstieg aus dem Transpazifischen Freihandelsabkommen TPP zu seinen ersten Amtshandlungen als Präsident gehören werde. Genau dies hatte er auch im Wahlkampf angekündigt. Trump erklärte zudem, er werde Regulierungen im Energiebereich streichen, die das sogenannte Fracking und die Produktion von einheimischer Kohle behinderten.
Mit beiden Maßnahmen vollzieht Trump in zwei zentralen Politikbereichen eine Kehrtwende zur Präsidentschaft Obamas. Hatte Obama den Freihandel und den Klimaschutz vorangetrieben, so geht es unter Trump in Richtung Protektionismus und traditioneller Energiegewinnung zu Lasten der Umwelt.
Rechtsruck beim Personal
Überraschen sollte dies nicht, denn Trump hatte seine Haltung zu diesen für ihn zusammenhängenden Themen nicht erst im Wahlkampf formuliert. So hatte er bereits vor vier Jahren bekundet, dass das Konzept der Erderwärmung von China erfunden worden sei, um die amerikanische Industrie zu schwächen. Damit dürfte auch klar sein, dass die USA unter Trump die in Paris beschlossenen Klimaziele weder erreichen wollen noch werden. Mindestens genauso besorgniserregend wie Trumps angekündigter Rollback in den Bereichen Klimaschutz und Freihandel sind jedoch seine ersten Personalentscheidungen.
So benannte er Steve Bannon, den ehemaligen Chef des rechten Internetportals Breitbart, zu seinem Chefberater. Um die Tragweite dieser Entscheidung zu verstehen, muss man wissen, dass damit ein Mann der einflussreichste Stratege und Berater des US-Präsidenten wird, der kürzlich in seinem ersten Interview nach der Wahl zu Protokoll gab, er sei ein Nationalist. Bereits im Sommer hatte Brannon sich gebrüstet, Breitbart zu einer Plattform für die rechtsextreme sogenannte alt-right-Bewegung gemacht zu haben.
Und auch eine zweite Personalwahl Trumps gibt Anlass zur Sorge. Michael Flynn, ehemaliger Chef des Militärgeheimdienstes, wird oberster Sicherheitsberater des Präsidenten. Flynn sorgte Anfang des Jahres für Aufsehen, als er per Tweet kundtat, dass "Angst vor Muslimen rational" sei. Auch seine klare Parteinahme für den zunehmend autokratisch regierenden türkischen Präsidenten Erdogan sowie ein gut dotierter Redeaufritt samt Foto mit Präsident Putin in Moskau im vergangen Jahr lassen aufhorchen.
Natürlich wird Trump nicht alle Wahlversprechen durchsetzen und sein Kabinett nicht nur mit fragwürdigen Personen besetzen. Aber zwei Wochen nach der Wahl Donald Trumps ist klar, dass der künftige Präsident gewillt ist, seinen Ankündigungen aus dem Wahlkampf auch Taten folgen zu lassen. Die Medien und die Öffentlichkeit wären gut beraten, ihn im Gegensatz zum Wahlkampf dieses Mal von Anfang an ernst zu nehmen.
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