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Thailands Demokratie am Ende

Rodion Ebbighausen20. Mai 2014

Das Eingreifen des Militärs hat Thailand einer Lösung der Krise keinen Schritt näher gebracht. Eine Demokratie ist mit den herrschenden Eliten nicht zu machen, meint Rodion Ebbighausen.

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Rodion Ebbighausen
Bild: DW

Die politische Entwicklung in Thailand folgt den Gesetzen der klassischen Tragödie. Das Land ist schicksalhaft verstrickt in einen Machtkampf zweier verfeindeter Lager, die zu keinem Kompromiss bereit sind. Seit Monaten folgte eine Krise auf die nächste: Massendemonstrationen, die Auflösung des Parlaments, gescheiterte Neuwahlen, die Amtsenthebung von Teilen der Regierung durch das Verfassungsgericht. Jeder vermeintliche Befreiungsschlag hat das Land nur tiefer in die Sackgasse hineingeführt.

Am Dienstag hat die thailändische Armee das Kriegsrecht verhängt. Das Militär kann nun die Presse zensieren. Zehn private Fernsehsender mit politischer Agenda wurden bereits abgeschaltet. Es ist außerdem berechtigt, Durchsuchungen ohne richterliche Genehmigung durchzuführen, Ausgangssperren zu verhängen, Demonstrationen zu verbieten, Verdächtige ohne Haftbefehl festzunehmen und sieben Tage ohne Anklage festzuhalten.

Armeechef Prayuth Chan-Ocha betont zugleich, dass das Vorgehen der Armee kein Putsch sei. Es gehe nur darum, Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten. Die Übergangsregierung bleibe weiterhin im Amt.

Unabhängig von den im Dunkeln liegenden Motiven des Militärs und der akademischen Frage, ob es nun tatsächlich ein Putsch war oder nicht, ist klar, dass Thailands demokratisches Modell erneut gescheitert ist.

Achtzehn Mal hat das Militär seit 1932 geputscht. Immer wieder wurde die demokratische Verfassung umgeschrieben. Thailand fehlt es an einer demokratischen Kultur. Das Land ist von feudalen Strukturen beherrscht. Einflussreiche Teile der politischen Elite akzeptieren Wahlen nicht als Mittel der politischen Meinungsbildung. Institutionen wie die Justiz sind nicht unabhängig, sondern tief in die Lagerkämpfe verstrickt. Die Pressefreiheit ist stark eingeschränkt. Das rigide lèse majesté-Gesetz verbietet freie Meinungsäußerungen im Zusammenhang mit dem politisch einflussreichen Königshaus und wird immer wieder genutzt, um unliebsame Gegner mundtot zu machen. Nicht zuletzt geht es in der thailändischen Politik oft darum, den politischen Gegner auszulöschen, statt ihn in einem fairen Wettbewerb zu besiegen. In der Folge sind die Fronten unversöhnlich.

In der Summe ist keine der für eine Demokratie wichtigen Säulen tragfähig: weder freie Wahlen noch das Mehrheitsprinzip werden anerkannt, die Opposition wird nicht respektiert, die Verfassung ständig umgearbeitet, und die Meinungsfreiheit ist bedroht.

Die jüngsten Ereignisse sind tragisch, denn kaum jemand in Thailand ist für die Herrschaft des Militärs. Die Armee am allerwenigsten. Denn sie weiß, dass sie nicht in der Lage ist, einen modernen Staat zu verwalten. Den Militärs ist auch klar, dass sie die politischen Probleme nicht lösen können.

Bei einem dringend notwendigen politischen Neustart müsste zuallererst das starre Freund-Feind-Denken in den Köpfen der Menschen überwunden werden. Doch mit den gegenwärtigen Eliten wird das nicht zu machen sein. Die beste Chance Thailands bietet demnach ein Generationenwechsel - allerdings nur, wenn die nächste Generation nicht vollständig das Vertrauen in die Demokratie verloren hat.