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Gesellschaft

Warum lassen wir uns im Netz so abzocken?

DW Hintergrund Deutschland Jörg Brunsmann
Jörg Brunsmann
30. Januar 2018

Soldaten verraten durch ihre Fitness-Tracker geheime Truppenstützpunkte der US-Armee in Ländern wie dem Irak und Afghanistan. Für die Militärs ein echtes Problem. Aber ein vorhersehbares, meint Jörg Brunsmann.

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Afghanistan US Army Jogger Laufen Sport
Bild: Getty Images/S. Platt

Am liebsten würde ich mich jetzt hinstellen, dreimal laut "Ätschi bätschi" rufen und sagen: "Selbst Schuld. Genau davor haben wir euch doch immer gewarnt!" Bringt nur nichts. Okay, in diesem Fall hätten die Soldaten ihre Joggingstrecken ja sogar noch auf "privat" stellen können, dann würden diese wenigstens nicht im Netz auftauchen. Oder hätten sie sich mal die Datenschutzbestimmungen durchgelesen, um zu wissen, was mit ihren zusammengejoggten Daten überhaupt so alles gemacht werden kann.

Wer kümmert sich schon um Datenschutz?

Ach ja, richtig: Datenschutzbestimmungen lesen oder die Optionen in einer App Stück für Stück durchgehen - wer macht das heute denn noch? Das ist irgendwie so 2005 - als Datenschutz uns noch ein bisschen mehr bedeutet hat. Und als wir von Geräten und Apps noch nicht so überschwemmt wurden wie heute. Denn mittlerweile haben die meisten von uns ganz einfach kapituliert. Wir kaufen ein Gerät oder laden eine App herunter und wollen sie direkt nutzen. Ohne uns um die Einstellungen oder den Datenschutz großartig zu kümmern. Dabei wissen wir doch eigentlich: Wir zahlen immer und überall mit unseren Daten.

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DW-Autor Jörg BrunsmannBild: DW/Christel Becker-Rau

Schnell reich mit unseren Daten

Das Geschäftsmodell "sammeln, speichern, auswerten" funktioniert so gut, dass es Leute wie Facebook-Gründer Mark Zuckerberg innerhalb weniger Jahre zu Multi-Milliardären gemacht hat. Kein Wunder, dass ihm alle nacheifern und inzwischen immer und überall Daten gesammelt werden. Mit dem Smartphone sowieso und bald bei vielen zuhause wohl auch per Heizungsregler, WLAN-Steckdose oder Internetradio. Willkommen in der Datenökonomie!

Können wir als Nutzer das ändern? Nein, stopp - die Frage muss man anders stellen: Wollen wir als Nutzer das überhaupt ändern? Unangenehm wird es ja nur in so Situationen wie jetzt, wo mit den Daten der Jogger unbeabsichtigt Militärgeheimnisse offengelegt werden. Aber sonst merken wir im Alltag ja wenig von dem, was mit unseren Daten passiert.

Wollen wir überhaupt ein neues Geschäftsmodell fürs Netz?

Eine Alternative ist zumindest denkbar: Das Geschäftsmodell im Netz müsste sich ändern. Weg von der Kostenlos-Mentalität - hin zu Bezahldiensten. Kann das funktionieren? Ich weiß es nicht. Fragen Sie sich mal selbst: Wären Sie bereit, für Facebook oder Google eine monatliche Nutzungsgebühr zu zahlen - um dafür die Garantie zu bekommen, dass Ihre Daten nicht weiter ausgewertet werden? Würden Sie zum Fitness-Tracker eine kostenpflichtige Auswertungs-Software dazukaufen, in der der Datenschutz groß geschrieben wird? Oder dann doch lieber mit den eigenen Daten bezahlen?

Im Moment gibt es kaum Alternativen zur Datenökonomie. Und das liegt vor allem daran, dass wir lieber unsere Daten preisgeben als unsere Geldbörse zu zücken. Ich fürchte, wir brauchen noch viele Fälle, wie jetzt mit den Joggingstrecken im Out-of-area-Einsatz von NATO-Truppen. Vielleicht erkennen wir dann, dass uns der Schutz unserer Daten doch etwas wert sein sollte.

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