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Stolz wie Óscar

23. Mai 2015

Papst Franziskus verändert die Welt. Schafft er es auch, seine eigene Kirche zu reformieren? Die Seligsprechung von Lateinamerikas Märtyrer Óscar Romero gibt Anlass zur Hoffnung, meint Astrid Prange.

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Oscar Romero Erzbischof El Salvador
Bild: Marvin Recinos/AFP/Getty Images

Selten kommen Revolutionäre so locker daher. Franziskus lächelt, segnet, umarmt. Er ist Papst, Popstar - und Politiker. 25 Jahre nach dem Fall der Mauer in Europa hat er nun den Kalten Krieg auf dem amerikanischen Kontinent und im Vatikan beendet.

Dank seiner Vermittlung sind Havannas Alt-Revolutionäre zum Dialog mit ihren Feinden in Washington bereit. Und dank der vatikanischen Diplomatie sitzen in Kuba auch die kolumbianischen Farc-Rebellen und die Regierung aus Bogotá am Verhandlungstisch. Nach 50 Jahren Bürgerkrieg scheint der Frieden nah.

Kommunisten und Katholiken aller Welt, vereinigt Euch, auf das endlich Frieden herrsche - so könnte das Motto der neuen vatikanischen Erfolgsstrategie lauten. Óscar Romero machts möglich: Papst Franziskus hat Frieden mit den rebellischen Befreiungstheologen geschlossen.

Revolution von oben oder unten?

Zur Erinnerung: Óscar Romero, der 1980 ermordete Erzbischof von San Salvador, wurde lange Zeit als Kommunist gescholten. Denn er gehörte zur Garde der revolutionären Befreiungstheologen aus Lateinamerika, die Armut nicht als Gott gegeben hinnehmen, sondern lindern wollten.

Im Vatikan erntete Romero dafür keine Lorbeeren, ganz im Gegenteil. Die Kurie kanzelte ihn und andere Befreiungstheologen wie Leonardo Boff, Dom Hélder Câmara oder Jon Sobrino kalt ab. Papst Franziskus hat diesen Bannstrahl gebrochen - und lässt den Märtyrer Lateinamerikas nach 35 Jahren Wartezeit seligsprechen.

Bei der Zeremonie der Seligsprechung werden sich die anwesenden Staatschefs und Kirchenvertreter nun in Lobeshymnen über den ermordeten Erzbischof ergehen. Doch bei aller Freude über diese hochpolitische Segnung bleibt ein Hauch von Bitterkeit.

Die Wunden sitzen tief, die der Feldzug des polnischen Papst Johannes Paul II. in den 80er und 90er Jahren gegen die lateinamerikanische Befreiungstheologie verursachte. Die Narben von Strafversetzung, Lehrverbot und Schweigeerlass unter Priestern und Laien sind noch nicht geheilt.

Kirchenrecht und Kurie

Papst Franziskus hat die ideologischen Mauern im Vatikan niedergerissen. Er hat der katholischen Kirche ihr menschliches Antlitz zurückgegeben. Er hat mit der Annäherung zwischen dem kommunistischen Kuba und den kapitalistischen USA ein politisches Wunder vollbracht.

Und dennoch steht dem Pontifex die schwierigste Aufgabe seiner Amtszeit noch bevor: Er muss jahrhunderte alte, als unumstößliche geltende kirchliche Dogmen auf den Prüfstand stellen. Er muss bei Katholiken um Verständnis für ein Kirchenrecht werben, das vom Alltag der Gläubigen Lichtjahre entfernt scheint. Eine schier unmögliche Aufgabe.

de Oliveira Prange Kommentarbild App
DW-Redakteurin Astrid Prange

Die Ergebnisse der vom Papst 2013 in Auftrag gegebenen Umfrage zur kirchlichen Sexualmoral lassen keine Zweifel zu: Katholiken auf der ganzen Welt lehnen das katholische Familienbild und die katholische Sexualmoral inzwischen mehrheitlich als lebensfremd und unverständlich ab.

Auch im katholischen Lateinamerika stößt die Lehre zunehmend auf Unverständnis. Der Ausschluss von wiederverheirateten Geschiedenen von den Sakramenten bringt Priester in pastorale Verlegenheit. Und die Lobby kirchlicher Lebensschützer platziert Opfer sexueller Gewalt auf die Anklagebank, statt ihnen zu helfen.

Warten auf ein Wunder

Wo bleibt die Barmherzigkeit, wenn kirchliche Dogmen wichtiger scheinen als menschliche Nöte? Warum macht das Kirchenrecht minderjährige Mädchen, die vergewaltigt werden und ihre Schwangerschaft nicht austragen, zu Sündern?

Bei seiner bevorstehenden Reise nach Paraguay, Bolivien und Ecuador im Juli wird Papst Franziskus mit diesen Fragen konfrontiert. Millionen von Menschen werden ihm zujubeln, denn er hat mit seinem Glauben Berge versetzt - pastoral und politisch. Wenn es ihm gelänge, das kanonische Recht durch ein neues Konzil von seinen unbarmherzigen Prinzipien zu befreien, dann hätte Papst Franziskus auch ein innerkirchliches Wunder vollbracht.

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