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Signal an Afrikas Herrscher

Claus Stäcker31. Oktober 2014

Im westafrikanischen Burkina Faso ist der Präsident zurückgetreten - nach einer Woche blutiger Unruhen. Der Aufruhr des Volks ist eine Warnung an alle afrikanischen Herrscher, meint Claus Stäcker.

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"Blaise ist ein Virus" heißt die Übersetzung eines Graffiti in Burkina Faso
Bild: Reuters/Joe Penney

Bislang war es allenfalls das ambitionierte Operndorf von Filmregisseur Christoph Schlingensief, was an Burkina Faso interessierte. Wer kannte schon Blaise Compaoré? Doch das Bild hat sich in den letzten Tagen komplett geändert.

Ein genauerer Blick auf die ehemalige französische Kolonie lohnt sich. Compaoré kam 1987 selbst durch einen Putsch an die Macht. Er beseitigte den weit über die Landesgrenzen hinaus populären Führer Thomas Sankara, der die Herzen mit Bescheidenheit und revolutionärem Gestus erobert hatte. Legendär seine Staatskarosse: Ein Renault 5. Sankara war es auch, der dem ehemaligen Overvolta einen neuen Namen gab: Burkina Faso, das "Land der Aufrichtigen"

Verfassungsputsch ging nicht auf

Nachdem Sankara und weitere "Verräter" getötet waren, stilisierte sich Compaoré als der wahre Hüter der "demokratischen Volksrevolution". In 27 Amtsjahren aber blieb er ein misstrauischer Autokrat, auch wenn er nach einem Jahrzehnt Militärregierung Parteien und Medienvielfalt erlaubte. Im Jahr 2000 ließ er das erste Mal die Verfassung ändern, um an der Macht zu bleiben. Immer wieder aufflammende politische und soziale Proteste schlug er gnadenlos nieder, zuletzt 2011. Seit dem vergangenen Jahr war Compaoré in Personalunion Staatsoberhaupt und Verteidigungsminister. Sein Versuch, die Verfassung erneut zu ändern, um sich zwei weitere Amtszeiten zu sichern, ist nun gescheitert. Die plumpe Vereinnahmung des Parlaments hat die Menschen im Land, die "Burkinabé", wütend gemacht. Compaorés "Verfassungsputsch" - wie Kritiker den Versuch nannten - war der Funke auf dem Benzinfass. Erst stand das Parlament in Ouagadougou in Flammen. Dann haben die Demostranten geschafft, was sie erreichen wollten: Compaorés ist zurückgetreten.

Deutsche Welle Claus Stäcker
Claus Stäcker. Leiter der DW-Afrika-AbteilungBild: DW

Das weckt Hoffnung und sendet ein klares Signal. Die Zeit der ewigen alten Männer in Afrika ist vorbei. Das Volk wehrt sich gegen Dauerherrscher wie ihn, notfalls mit Gewalt. In immer mehr afrikanischen Ländern treten Präsidenten nach Wahlniederlagen oder zwei Amtszeiten verfassungsgemäß ab. Benin ist ein noch kleineres Land als Burkina Faso - dort setzte Mathieu Kérékou 1991 als erster in Afrika nach einer Wahlniederlage ein Zeichen, in dem er abtrat. In Sambia machte es Kenneth Kaunda vor. In Mosambik traten schon zwei Präsidenten nach jeweils zwei Amtszeiten ab. In Ghana leitete gar der Putschist Jerry Rawlings den Übergang zur Demokratie ein. Nelson Mandela in Südafrika reichte eine einzige Amtszeit. Sein Nachfolger Thabo Mbeki blieb auch nicht lange und der jetzige Präsident Jacob Zuma wird es nicht wagen, die Verfassung anzutasten.

Zeitenwende in Afrika

Die Afrikaner lassen sich nicht mehr für dumm verkaufen: Sie sind mehrheitlich jung, selbstbewusst, durch Internet und soziale Medien über die Welt informiert und gut vernetzt. Die Heldengeschichten vom Befreiungskampf sind für sie verjährt. Postkoloniale Dauerherrscher wie Robert Mugabe (90 Jahre alt) in Simbabwe, Paul Biya (81) in Kamerun, José Eduardo dos Santos in Angola (72) oder Teodoro Obiang Nguema (72) in Äquatorial-Guinea sind Auslaufmodelle. Sie kaufen sich nur noch ihre Zeit - in den Öl-Kleptokratien gelingt das besonders gut.

Und doch haben einige, wie der Kongolese Joseph Kabila die Signale scheinbar immer noch nicht gehört. Kabila ist seit 2001 an der Macht, 2016 wäre unwiderruflich Schluss - und dennoch bereiten seine Verbündeten die Verfassungsänderung vor. In Burundi werkelt Präsident Pierre Nkurunziza an einer dritten Amtszeit, dabei wird er 2019 bereits 14 Jahre an der Macht gewesen sein. Männer wie er spielen mit dem Feuer! Afrika hat sich verändert. Die Ära der selbstgefälligen Politgreise ist vorbei. Dafür steht heute der Name Burkina Faso, das "Land der Aufrichtigen" - stellvertretend für einen ganzen Kontinent.