Kommentar zur UN-Klimakonferenz in Posen
13. Dezember 2008Es war einer dieser seltenen Momente auf der 14. Klimakonferenz der Vereinten Nationen im polnischen Posen, der die Abgesandten aus aller Welt daran erinnerte, warum sie eigentlich hier sitzen. Es war ein Satz des Premierministers von Tuvalu, einem winzigen Inselstaat im Südpazifik. "Wir sind ein stolzes Volk", rief Apisei Ielemia aus, "wir wollen als Volk und Nation überleben." Tuvalu ist wie viele andere Inseln und Küstenregionen dem Untergang geweiht, sollte sich die Weltgemeinschaft nicht auf eine deutliche Reduzierung von Treibhausgasen einigen.
Enttäuschung der Menschen verständlich
Was aber sollen die Menschen von Tuvalu und anderswo davon halten, wenn sie nun hören: Die Konferenz von Posen hat den Kampf gegen die Klimawandel nicht vorangebracht. Wenn sie hören, dass die reichen Länder und größten Luftverschmutzer sich einmal mehr nicht dazu durchringen konnten, ein mit Zahlen unterlegtes CO2-Reduktionsziel in die Dokumente zu schreiben?
Wenn sie lesen, wie viele Billionen von Euro und Dollar die Finanzjongleure rund um den Globus verbrannt haben – und wie viel Geld jetzt locker gemacht wird, um die Weltwirtschaftskrise in den Griff zu bekommen? Man muss denen uneingeschränkt zustimmen, die sagen: Bekommen wir den Klimawandel nicht in den Griff, dann wird dies den Schaden der Weltfinanzkrise bei weitem in den Schatten stellen.
Ein "Green New Deal" muss her
Wer sich nur in wirtschaftlich guten Zeiten um Klimaschutz kümmert, jetzt in schlechten Zeiten aber sagt: Für Klimaschutz haben wir derzeit kein Geld - der hat die Tragweite der dramatischen Veränderung nicht verstanden, die in den Berichten der Wissenschaftler nachzulesen ist.
Der Ruf nach einem "Green New Deal" aus dem Mund von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon - er sollte erhört werden. Man muss jetzt nicht alles grün anstreichen, nein. Aber man sollte in den Gedanken so frei sein, zu sagen: Klimaschutz wäre ein guter Baustein für ein weltweites Konjunkturprogramm. Und für eingefleischte Kapitalisten vielleicht noch dazu: Ja, damit lässt sich auch Profit machen. Deutschland beispielsweise wird in absehbarer Zeit mehr als 15 Prozent seines Industrieumsatzes durch Klimaschutz-Technik erzielen.
Vertrauen und Gerechtigkeit
Bei Klimaverhandlungen geht es immer und vor allem um zwei Schlagworte: Vertrauen und Gerechtigkeit. Wie sollen die Entwicklungsländer den Industrienationen trauen, die ihnen seit fünf Jahren finanzielle Hilfe bei der Anpassung an den Klimawandel versprechen – und jedes Mal neue Ausreden finden, warum noch immer kein einziger Euro geflossen ist? Und was sollen Schwellenländer wie Indien, China, Brasilien, Südafrika und Mexiko von Europas wankelmütiger Position halten? Während die einen freiwillige Reduktionsprogramme vorlegen, sind die anderen gerade dabei, ihre Führerschaft im Kampf gegen den Klimawandel zu verlieren. Denkbar ist durchaus, dass die USA demnächst in diese Rolle schlüpfen.
Nach Posen ist klar: Es gibt keinen Highway nach Kopenhagen, sondern eher eine Schotterpiste. Mit Schlaglöchern und einer Menge Haltestellen. Gelingt es in den kommenden Monaten nicht, deutlich Fahrt aufzunehmen – und den Klimaschutz wieder zurück auf die Agenda der Top-Themen zu bringen – dann kann die Konferenz von Kopenhagen auch eine ganz große Enttäuschung werden.