Schluss mit Kinderehen in Deutschland
Im vergangenen Sommer war ich nach ihrem Abitur gemeinsam mit meiner Tochter in Kanada. Nach einer Bergwanderung in den Rocky Mountains wollten wir uns zum Abendessen einen Longdrink gönnen. "Ist sie schon 19?", fragte der Kellner. "Nein? Dann geht das nicht!" Auf meinen Hinweis, in Deutschland sei das erlaubt, zumal wenn ich als ihr Vater dabei sei, wurde mir kurz und bündig beschieden: "Du bist hier aber in British Columbia. Da gelten unsere Gesetze!"
Im ersten Moment habe ich mich an diesem Abend geärgert. Aber eigentlich bin ich von diesem Grundsatz begeistert: Ein Gesetz ist klar, eindeutig und gilt für jeden. Kennt keinen Ermessensspielraum und keine Einzelfallprüfung. Und kann deswegen auch von jedem Kellner in jeder Kneipe umgesetzt werden. Wer als Jugendlicher partout öffentlich Alkohol trinken will, muss sich eben eine Kneipe außer Landes suchen. Genug Staaten mit weniger restriktiven Gesetzen gibt es ja.
Aufgabe der eigenen Prinzipien
Wie anders ist das doch hierzulande. Und zwar selbst bei Themen, die noch viel stärker unsere Grundwerte berühren, als ein Schluck Alkohol für 17- oder 18-Jährige. Das aktuelle Stichwort lautet: Kinderehe. Denn die Kinderehe, die im Mittelalter auch in Europa üblich und erlaubt war, ist wieder zurück in Deutschland. Dem aktuellen Zustrom von Migranten aus islamischen Ländern sei dank. Rund 1500 Fälle wurden im vergangenen Jahr amtlich registriert, bei fast 400 Paaren war ein Kind unter 14 Jahren beteiligt. Natürlich fast ausschließlich Mädchen.
Der deutsche Staat hat sehr lange unter Missachtung seiner eigenen Rechtsnormen große Toleranz gezeigt: Wenn Ehen am Ort der Heirat nach gültigem Recht geschlossen wurden, sollen sie auch hier gültig sein. Doch wer will das eigentlich auf welcher Grundlage überprüfen? Die mit Abstand meisten der Betroffenen stammen aus Syrien. Doch geheiratet wurde vielfach bereits außer Landes, in Flüchtlingslagern. Um den Mädchen einen männlichen Beschützer auf der weiten Reise an die Seite zu stellen. Oder um durch Brautgeld den Unterhalt zu sichern - für das Mädchen selbst, aber auch für die verkaufende Familie. Nein - Ehen nach dem Verständnis, das man hierzulande vom Bund der Liebe zwischen zwei Menschen hat, sind das nicht.
Und doch fanden sich in den vergangenen Monaten viele in Deutschland, die für den Fortbestand dieser Ehen kämpften - von der Caritas über das Deutsche Institut für Menschenrechte bis zu namhaften Vertretern der Grünen und der SPD. So warnte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, die Sozialdemokratin Aydan Özoguz, man dränge durch ein pauschales Verbot die Betroffenen eventuell ins "soziale Abseits". Um sich dann im Weiteren über typisch deutsche Probleme, wie Unterhalts- und eventuelle Erbansprüche, auszulassen.
Durchbruch beim Koalitionsgipfel
Es sagt sehr viel über das Selbstverständnis dieses Landes, dass das Thema "Ehe von Minderjährigen" erst auf die Ebene eines Koalitionsgipfels gehoben werden musste, um endlich ein neues Gesetz auf den Weg zu bringen. Immerhin soll dieses nun erfreulich klar sein und die Regeln für Zugewanderte der deutschen Rechtslage anpassen: Heiraten vor dem 16. Geburtstag geht gar nicht - alle entsprechenden Ehen sind ungültig. Und Imame, die solche Ehen in Deutschland schließen, sollen künftig ausgewiesen werden können.
Alles andere wäre auch ein Armutszeugnis unserer eigenen Rechtskultur gewesen. Ein Land, das Tausende unbegleitete minderjährige Flüchtlinge versorgen und in deutsche Familien integrieren kann, das sollte auch ein paar Hundert Kinderbräute versorgen können, ohne dass die auf ihre alten Männer angewiesen sind. Falls deren Liebe zum Zeitpunkt der Volljährigkeit immer noch blüht, steht der Gang zu Standesamt oder Imam den Brautleuten ja immer noch offen. Und wer das alles für eine Zumutung hält und an seiner Kinderbraut festhalten will, der muss sich eben - siehe Alkohol für unter 19-Jährige in British Columbia - ein Land suchen, in dem er nach seiner Facon selig werden kann. Auswahl gibt es reichlich. Soviel Intoleranz darf sich Deutschland leisten.
Sie können unterhalb dieses Artikels einen Kommentar abgeben. Wir freuen uns auf Ihre Meinungsäußerung!