Mühsam und zäh haben sich die Verhandlungen über vier Monate hingezogen, immer wieder schienen die Gegensätze unüberbrückbar. Die Koalition schien noch vor ihrem Zustandekommen zu scheitern. Doch nun hat Kosovo endlich eine neue Regierung, und der Premier heißt Albin Kurti. Der einstige Rebell und das Enfant terrible Kosovos ist nun Regierungschef. Der Wahl im Parlament waren langwierige Personalquerelen zwischen VV und LDK vorangegangen.
Dem Parlament in Prishtina versprach Kurti viel: Er will die Wirtschaft ankurbeln, der Korruption einen erbitterten Kampf liefern und dafür sorgen, dass im Kosovo Rechtsstaatlichkeit und Ordnung herrschen. Er sprach von einer "Neuen Ära". Kurti bekundete die Bereitschaft für einen Dialog mit Belgrad, besteht aber auf "Gegenseitigkeit in Handel, Politik und Wirtschaft". Ambitionierte Ziele! Wie er das alles meistern will, ist ungewiss. Der Koalitionsvertrag blieb der Öffentlichkeit, sogar den Abgeordneten, bisher vorenthalten. Deswegen hatte die Opposition zu Kurtis Wahl ja sogar den Plenarsaal verlassen.
Schwierige Koalitionsgespräche, starke Opposition
Kurti wird es im Parlament nicht leicht haben, denn seiner neuen Regierung steht eine sehr starke Opposition gegenüber. Und auch die schwierigen Koalitionsgespräche boten schon einen Vorgeschmack auf das kommende. In mehreren Punkten hat sich die LDK durchgesetzt und Kurti musste Nachgeben. Er hatte sich für ein schlankes Kabinett mit zwölf Ministerien ausgesprochen, am Ende wurden es doch fünfzehn. VV hatte zunächst entschieden das Innenressort gefordert, um den Kampf gegen die Korruption selbst steuern zu können. Am Ende fiel das Ministerium an die LDK, genauso wie der Posten des Parlamentspräsidenten.
Jede Partei stellt sechs Minister, und drei Ministerien werden von den Parteien der Minderheiten (zwei serbisch) geleitet. Der Hauptgrund für die Querelen war der Streit, wer im kommenden Jahr den Staatspräsidenten stellt. Daran drohten die Verhandlungen zu scheitern. Deshalb wurde das Thema schlussendlich ausgeklammert und auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.
Der Regierungskoalition steht eine sehr starke Opposition gegenüber: Die PDK von Präsident Hashim Thaçi und die AAK des noch amtierenden Premierministers Ramush Haradinaj. Beide sind ehemalige Kommandeure der UÇK, die in den 1990er-Jahren gegen die serbische Herrschaft gekämpft haben. Seit Kriegsende waren sie abwechselnd an der Macht. Meist war dabei die pazifistische LDK Koalitionspartner, die auch diesmal wieder mit auf der Regierungsbank sitzt. Dagegen hat die VV mit ihren meist jungen Politikern, die aus der außerparlamentarischen Opposition kommen, noch keinerlei Regierungserfahrung.
Schmerzhafte Kompromisse sind unvermeidlich
Albin Kurti steht vor einer Herkules-Aufgabe: Er darf seine Wähler nicht enttäuschen, doch zugleich sind schmerzhafte Kompromisse mit Belgrad unvermeidlich, wenn es Fortschritte bei der Annäherung geben soll. Der Druck der USA und EU auf beide Seiten, endlich zu einer Normalisierung zwischen den einstigen Kriegsgegnern zu kommen, ist groß. Und die Zeit drängt. Die Bürgerinnen und Bürger im Kosovo - mit einem Durchschnittsalter von 27die jüngste Bevölkerung in Europa - wollen Lösungen für ein besseres Leben im eigenen Land. Die Politikverdrossenheit ist groß. Auf Kurti haben die enttäuschten Wähler große Hoffnungen gesetzt. Er steht für einen Kurs gegen das bisherige Establishment, Vetternwirtschaft und Stagnation. Nun muss er zeigen, dass er das kann und es ernst meint.