Am Mittwoch wird in Athen ein neuer UEFA-Präsident gewählt. Und das wird auch höchste Zeit. Denn Europas mächtiger Fußballverband befindet sich seit Monaten in einem Machtvakuum - und das haben die gewieften Chefs der Topklubs geschickt ausgenutzt: Sie brachten - von der UEFA zähneknirschend abgenickt - eine Reform durch, die ab 2018 gelten soll. Das Konstrukt lässt sich recht einfach beschrieben: Die Reichen werden reicher. Die vier großen Ligen in Spanien, Deutschland, England und Italien bekommen künftig vier feste Startplätze. Also ist die Hälfte aller Plätze schon besetzt. Verlierer sind kleinere Nationen wie die Schweiz, die ihren Startplatz verlieren könnten und für die es noch schwieriger wird, in den elitären Zirkel vorzustoßen. Das dürfte auch potenzielle Sponsoren abschrecken.
Bei der Geldverteilung profitieren nach dem neuen Schlüssel, der sogar die Erfolge aus längst vergangenen Zeiten berücksichtigt, zukünftig vor allem die Klubs, die sowieso schon seit Jahren ganz vorn mit dabei sind. Die UEFA spricht sogar von einer "signifikanten" Steigerung der Einnahmen. Das Fußballmagazin "kicker" brachte ein Beispiel: Würde Real Madrid im Sommer 2019 den Titel gewinnen. erhielten die Spanier unfassbare 135,5 Millionen Euro Prämie. Für ein Ausscheiden in der Gruppenphase gäbe es dann dagegen "nur" 19,5 Millionen. Auch die Kluft zwischen Europa League und Champions League wird noch größer.
Das alles heißt zum Beispiel für die Bundesliga übersetzt: Obwohl neben den Bayern auch noch Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen und Borussia Mönchengladbach aktuell in der Champions League vertreten sind, machen weiter nur die Bayern richtig Kasse. Wer regelmäßig ins Halbfinale vordringt, streicht künftig über 100 Millionen Euro ein - wer die Gruppenphase nicht übersteht, hat eben Pech gehabt. Was das für den Wettbewerb in den nationalen Ligen bedeutet, liegt ebenfalls auf der Hand.
Drohgebärde Superliga
Die Reform sei keine Revolution, sondern eine Evolution, klopfte sich dementsprechend befriedigt Karl-Heinz Rummenigge auf die Schulter. Der ist nicht nur Vorstandschef des FC Bayern München, sondern auch Chef der ECA, der European Club Association, der zwar viele Vereine angehören, bei der aber vor allem die Großen den Ton angeben. Rummenigge hat erreicht, was er wollte: die Bayern auch international weiter in neue Sphären zu katapultieren - die Premier League etwa ist der Bundesliga um Meilen voraus. National sind die Bayern ja eh schon allen enteilt. Vor allem Rummenigge war es, der die Reform voran- und die UEFA in die Ecke trieb: Wie schon zweimal zuvor drohte man mit einer von Top-Firmen gesponserten, elitären und vor allem autonomen europäischen "Superliga". Dieses Argument zieht anscheinend immer ganz gut. Die momentan führungslose und nach Orientierung suchende UEFA knickte angstvoll ein, winkte die Reform durch - und das alles kurz vor der Wahl des neuen Präsidenten.
Der müsse die Pläne stoppen, fordert nun die EPFL, die Vereinigung europäischer Ligen. Sonst werde man Partien der nationalen Ligen an Europapokal-Abenden ansetzen. Wieder eine Drohgebärde, die der UEFA und ihren Marketing-Partnern nicht schmecken dürfte. Das Problem: Der eine Präsidentschaftskandidat - der Niederländer Michael van Praag - hat die Reform als Mitglied der UEFA-Exekutive bereits aktiv unterstützt. Der andere Kandidat - der Slowene Aleksander Ceferin - findet die Reform "immer noch besser als eine private Superliga". Drei Jahre soll diese Reform gelten, dann wird erneut verhandelt. Bis dahin ist der neue UEFA-Präsident lange im Amt. Dass er den Wahnsinn beendet, darf dennoch bezweifelt werden. Und die Gerüchte um eine neue "World Super League" mit Klubs wie Bayern München, Juventus, Turin und Real Madrid, aber auch aus China, Brasilien oder Australien halten sich weiter hartnäckig.
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