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Kommentar: Putins Faustpfand Krim

Ingo Mannteufel, Leiter der Russischen Redaktion 1. März 2014

Putins Strategie auf der Krim ist klar. Das neue Kiew und der Westen stecken nun in einer gefährlichen Klemme, meint Ingo Mannteufel.

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Ingo Mannteufel (Foto: DW)
Bild: DW

Auf der ukrainischen Halbinsel Krim haben sich die Ereignisse in den letzten Tagen überschlagen. Auch weiterhin ist mit einer dynamischen Entwicklung zu rechnen. Schon von Anfang an war klar, dass die Prozesse auf der Krim von Moskau gesteuert werden. Denn die gut organisierten bewaffneten Kommandos ohne Militärabzeichen, die neuralgische Punkte auf der Halbinsel besetzt haben, handelten im Interesse des Kremls. Ebenso gilt dies für die so genannten pro-russischen Politiker auf der Krim, die im Schatten der Kommandos die faktische Macht übernommen haben und mit einem Referendum am 30. März die Legitimierung der Loslösung von der Ukraine planen. Nicht zuletzt die parallele Drohkulisse, die Moskau mit Militärübungen, Parlamentserklärungen und der organisierten Pressekonferenz des geflohenen ukrainischen Präsidenten Janukowitsch aufbaut, spricht dafür, dass es sich um eine konzertierte Aktion handelt. Die Entscheidung, offiziell russische Truppen in die Ukraine schicken zu können, ist nur der letzte Beleg für Moskaus Intervention in der Krim.

Putins Ziele und Kiews Optionen

Mit der "Operation Krim" hat der Kreml dem Westen und der neuen Führung in Kiew eine äußerst gefährliche Falle gestellt. Dazu genügt ein Blick auf Strategie und Optionen Putins. Denn mit der Kontrolle über die Krim verfolgt Präsident Putin zwei Ziele: Erstens, Putin hat präventiv den Stützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte gesichert, bevor eine neue Regierung in Kiew den Stationierungsvertrag hätte kündigen können. Zweitens, verfügt nun Moskau mit dem Faustpfand Krim über ein Druckmittel auf die neue Führung in Kiew. Nach dem Sturz von Präsident Janukowitsch will sich Putin durch diese rücksichtslose und ruchlose Aktion Mitsprache über die politische Zukunft der Ukraine erstreiten. Sollte die neue Regierung in Kiew darauf nicht eingehen, dann ist zu erwarten, dass auf der Krim ein zweites Transnistrien oder Abchasien entsteht, also ein separatistisches Gebiet mit einer international isolierten pro-russischen Machtstruktur, die durch eine starke russische Militärpräsenz geschützt wird.

Die neue Führung in Kiew steht nun vor einer schweren Entscheidung: Ein militärisches Vorgehen der ukrainischen Armee auf der Krim könnte zu einer ungeahnten Katastrophe führen. Die Ausweitung des Konflikts auf die gesamte Süd- und Ostukraine, eine weitere Destabilisierung der fragilen wirtschaftlichen Lage oder sogar ein offener Krieg zwischen Russland und der Ukraine wären nicht ausgeschlossen. Und ob der Westen eine militärische Lösung unterstützen würde, ist zudem sehr fraglich.

Dilemma des Westens

Denn die ersten Erklärungen der USA und der EU zeigen die Entrüstung über die Entwicklung auf der Krim. Doch harte Worte werden wenig bewirken. Putin interessiert schon lange nicht mehr, was im Westen über ihn gesagt oder gedacht wird. Zudem wird Putin immer auf die angeblichen Forderungen der russischen Krim-Bürger verweisen, um deren Schutz er bemüht sei.

Folglich steckt der Westen in einer unangenehmen Zwickmühle: Entweder er antwortet mit einer spürbaren Sanktionspolitik gegen Russland (Handelsbeschränkungen, Einreiseverweigerungen, Kontosperrungen, Ausschluss aus G8). Dies hätte einen neuen Kalten Krieg zur Folge mit unangenehmen Einschnitten bei der westlichen Energieversorgung und Milliarden-Aufwendungen für den neuen "Frontstaat Ukraine". Schwer vorstellbar, dass die Bürger der westlichen Demokratien das gegenwärtig befürworten würden.

Oder der Westen akzeptiert für den Moment stillschweigend und mit geballter Faust in der Tasche Moskaus neue Rolle auf der Krim und drängt die Führung in Kiew zu Ruhe und eigentlich nicht gewollten Verhandlungen mit Russland. Damit hätte Putin in brachialer und völkerrechtswidriger Art und Weise das erlangt, was ihm die Anti-Janukowitsch-Opposition und auch die westliche Politik in den letzten Monaten nicht gewähren wollten: ein gewichtiges Mitspracherecht, wenn über die politische und wirtschaftliche Zukunft der Ukraine verhandelt wird.