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Kommentar: Papst auf Erneuerungskurs

Stefan Dege5. Januar 2015

Auch mit der zweiten Kardinalsernennung seiner Amtszeit lässt der Papst aufhorchen. Denn Favoriten gehen leer aus. So hält Franziskus die Weltkirche auf Reformkurs, meint DW-Redakteur Stefan Dege.

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Symbolbild Papst ernennt neue Kardinäle 4.1.2015
Bild: Andreas Solaro/AFP/Getty Images

Sie kommen zum Beispiel aus dem pazifischen Inselstaat Tonga, von den Kapverdischen Inseln oder aus der panamaischen Provinz. Die neuen Träger des purpurnen Kardinalshuts entstammen nicht wie gewohnt aus prestigeträchtigen Bistümern in Italien. Fünf Bischöfe aus Südostasien und Ozeanien steigen ins Kardinalskollegium auf, jedoch kein US-Amerikaner. Fünf Kardinäle nominiert der Papst allein wegen besonderer Verdienste um die Kirche, darunter einen Deutschen. Kein Zweifel: Mit seiner Wahl setzt Papst Franziskus Zeichen. Wieder mal.

Erstes Zeichen: Als Papst "vom Ende der Welt" beruft der Argentinier Bergoglio Kardinäle "vom Ende der Welt". Geistliche aus entlegenen Weltgegenden vertreten einen anderen, häufig konservativeren Katholizismus. Ihre Wahl soll die Vielfalt der Kirche widerspiegeln, sagt Franziskus. Doch interessant ist die päpstliche Definition für das Ende der Welt: Kardinäle von dort berufen, heißt die katholische Peripherie stärken, heißt ihren Einfluss auf die Geschicke der europäisch dominierten Weltkirche ausweiten. Es heißt auch: Absage an einen kirchlichen Zentralismus, Kampfansage an einen klerikalen Machtzirkel in Rom. Dazu passt, dass Franziskus seiner Kurie unlängst die Leviten las, als er ihren Vertretern 15 Leiden attestierte, darunter Karrierismus, Arroganz, Hartherzigkeit und "spirituelles Alzheimer".

Porträt - Stefan Dege
DW-Redakteur Stefan DegeBild: DW/K. Dahmann

Richtungsentscheidung des Papstes

Zeichen Nummer zwei erscheint fast noch offensichtlicher: Kirche hat dort zu sein, wo die Menschen sind. Sie soll an der Seite der Problembeladenen stehen. So macht der Papst etwa den Italiener Franzisco Montenegro zum Kardinal. Zu seinem Erzbistum auf Sizilien gehört die Mittelmeerinsel Lampedusa, die der Papst im Sommer 2013 besuchte, um das Flüchtlingselend zu beklagen. Unter den neuen Würdenträgern sind aber auch Geistliche aus Äthiopien, Thailand und Vietnam. Überall dort sind katholische Christen in der Minderheit. Franziskus holt die Kardinäle von dort, wo er seine Kirche in der Pflicht oder bedroht sieht.

Ob es seinen Kritikern im Vatikan gefällt oder nicht: Franziskus nutzt die Kardinalsernennung zur kirchenpolitischen Richtungsentscheidung. Seine Botschaft lautet: Lasst uns die Kirche von den Rändern her erneuern. Nur so kann sie bei den Menschen sein, ganz im Sinne Jesu.

Gewiss bergen Franziskus Entscheidungen jede Menge Zündstoff. Regelmäßig setzt er Fans wie Kritiker einem Wechselbad der Gefühle aus. Das auszuhalten, zehrt an den Kräften des 78-Jährigen. Wenige Jahre bleiben ihm noch. Bis zu seinem Rücktritt als Papst oder zu seinem Tod sollte sein Reformkurs unumkehrbar sein. Schon jetzt ist fraglich, ob Franziskus die Früchte seiner Reformen noch selbst wird ernten können. Als Diener seiner Kirche hat er die Erneuerung zum Programm erhoben. Das ist ihm offenkundig wichtiger als die eigene Person.