Für die kleinen Händler war es eine Erleichterung: Die Regierungen mehrerer ostafrikanischer Länder haben sich darauf geeinigt, den Verkauf von Second-Hand-Kleidung nicht zu verbieten. Im Jahr 2015 hatten Kenia, Ruanda, Uganda und Tansania einen Dreijahresplan vereinbart, der den Import von Second-Hand-Kleidung und -Artikeln aus den USA Schritt für Schritt hätte einschränken sollen. Die Steuern auf gebrauchte Kleidung wurden drastisch erhöht, um weitere Importe zu verhindern. Das vollständige Verbot sollte 2019 in Kraft treten. Doch dieses Verbot hätte für die Ostafrikaner einen hohen Preis gehabt - zumal die US-Regierung unter Donald Trump ein Ultimatum gesetzt hatte. Trump will den Exportsektor für Second-Hand-Waren schützen.
Schwierigkeiten des Freihandels
Einen Tag vor Ablauf des Ultimatums trafen sich die Staats- und Regierungschefs aus Ostafrika - mit Ausnahme von Paul Kagame aus Ruanda - in Ugandas Hauptstadt Kampala, um mögliche Auswirkungen zu besprechen. Am Ende gaben sie den Forderungen der USA nach. Dabei ist das Handelsdefizit vieler afrikanischer Länder groß. Die Importe aus Ruanda, Tansania und Uganda in die USA beliefen sich im Jahr 2016 auf 43 Millionen US-Dollar, die US-Exporte in umgekehrte Richtung hatten hingegen einen Wert von 281 Millionen US-Dollar.
Die Befürworter des Importverbots erwarteten Tausende neue Arbeitsplätze in der ostafrikanischen Textilindustrie. Soweit wird es nun nicht kommen. Das ist nicht nur die Trump-Administration ein Erfolg, auch für die Ostafrikaner ist es einer.
Wäre das Verbot durchgesetzt worden, hätte dies enorme Auswirkungen auf die Volkswirtschaften gehabt. So beschäftigen die Märkte in den Innenstädten - sie sind die Hauptdrehscheiben für gebrauchte Kleidung und Schuhe - Tausende Menschen. Zugleich stellen sie dringend benötigte Einnahmequellen für den Staat dar. Über die Märkte fließen Steuern in Millionenhöhe in die Staatskassen, mit denen die Infrastruktur und viele Projekte finanziert werden.
Zudem kaufen auf diesen Märkten sowohl Arme als auch Reiche ein - wenn letztere es auch vorziehen, dies via Mittelsmänner zu tun. Sie sind auf der Suche nach Qualitätsmarken bekannter Designer aus Frankreich oder Italien. Neue Produkte aus China und anderen Ländern meiden viele Verbraucher hingegen - aus Angst vor schlechter Qualität.
Importverbot ist keine Lösung
Der Kampf um Selbständigkeit und menschenwürdiges Leben ist natürlich ein sinnvolles Anliegen, aber die Zahl der in den ostafrikanischen Ländern errichteten Fabriken ist viel zu klein, um die Nachfrage nach modischer Kleidung befriedigen zu können. Zudem stehen Afrikas bekannte Designer vor einer enormen Herausforderung: Sie müssen alle nur denkbaren Stile und Wünsche bedienen. Es wird noch geraume Zeit dauern, bis die Afrikaner die Arbeit ihrer Modedesigner in großem Maßstab schätzen werden.
Hinzu kommt: Viele Afrikaner leben in sehr entlegenen Gebieten. Sie sind arm. Ihre wichtigste Einnahmequellen sind ihre kleinen Grundstücke. Wie sollten sie sich neue Kleidungsstücke leisten können, wenn sie Tag für Tag um ihr Überleben kämpfen müssen?
In Ruanda prognostizierte die Regierung, ein Verbot von Second-Hand-Kleidung würde mindestens 25.000 Arbeitsplätze schaffen. Doch diese Zahl könnte deutlich unter der Anzahl derjenigen Menschen liegen, die ihre Familie derzeit durch den Handel mit Second-Hand-Kleidung ernähren. Nach wie vor hat für viele Konsumenten in Ostafrika ein möglichst günstiger Preis oberste Priorität. Für eine Politik, die andere Schwerpunkte setzt, ist die Zeit noch nicht reif. Darum schafft auf einem Kontinent, auf dem viele Menschen immer noch von umgerechnet weniger als einem US-Dollar pro Tag leben, ein Secondhand-Kleider-Verbot mehr Probleme als Lösungen.