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Griechische Tragödie

Bernd Riegert30. März 2015

Blockade, Stillstand, Bluff: Wie im klassischen Drama ist ein Ausweg aus der Schuldenkrise für Griechenland nur schwer zu erkennen. Ob es überhaupt einen gibt, fragt Bernd Riegert.

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Maske Symbolbild
Bild: crimson/fotolia.com

Es wird keinen Austritt Griechenlands aus der Euro-Währungsgemeinschaft geben. Punkt. Ende. Aus. Diesen Satz hat Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Krisengipfel mit Griechenland am 19. März gesagt. Andere Gipfelteilnehmer haben das durchaus als Anordnung, als Weisung und nicht als bloßen Wunschtraum verstanden. Deutschland will, dass Griechenland im Euro bleibt. Nicht, weil die links-rechtsradikale Regierung ein überzeugendes Konzept hätte, sondern weil sich Europa einen Verlust des schwächsten Glieds nicht leisten kann. Die Glaubwürdigkeit der Währungsgemeinschaft wäre dahin. Der Euro-Kurs würde abstürzen. Die europäische Integration wäre schwer angeschlagen.

Vor allem: Deutschland, das in Europa wirtschaftlich und politisch angeblich dominant ist, würde die Schuld an der Katastrophe zugewiesen werden. Von den Griechen sowieso, aber auch von vielen anderen europäischen Regierungen und internationalen Beobachtern des zähen Dramas. Das möchte Bundeskanzlerin Merkel auf jeden Fall vermeiden. Schuldzuweisungen an Deutschland, ungerechte und ungerechtfertigte noch dazu, darf es nicht geben.

Deshalb geht die Tragödie jetzt auf der Brüssler Bühne weiter. Griechenland droht mit seiner eigenen Pleite und legt dazu eine unzureichende Liste mit Reformvorschlägen vor. Die Euro-Länder weisen die Listen zurück und drehen den Geldhahn fast komplett ab, um den Druck zu erhöhen. Im Moment kann Athen nicht einmal mehr kurzlaufende Staatsanleihen verkaufen. Die Europäische Zentralbank hat die Druckerpresse für Griechenland angehalten.

Deutsche Welle Bernd Riegert
Bernd Riegert, Europakorrespondent in Brüssel

Beide Seiten erpressen sich, trotz aller anders lautenden Beteuerungen, gegenseitig. Das Publikum jammert und schaudert, so wie das in einer stilechten Tragödie ja auch vorgesehen ist. Man fragt sich nur, wann kommt die Katharsis, die Reinigung, die dem Publikum, in diesem Fall dem europäischen Steuerzahler, die Erlösung bringt? Griechenland braucht Geld und droht mit dem eigenen Ausscheiden aus dem Euro als letztem Mittel. Die Euro-Zone braucht Griechenland und versucht die Regierung in Athen auszuhungern. Die unmittelbar Leidtragenden sind die Griechen selbst. Das Wirtschaftswachstum schrumpft gegen Null, die Steuereinnahmen brechen weg, Guthaben werden ins Ausland geschafft. Die Zuversicht von Investoren sinkt in den Minus-Bereich. Wie lange soll das noch dauern?

Die griechische Regierung könnte einerseits bewusst ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen, dann wäre Hellas automatisch aus dem Euro raus. So weit wird es aber die Euro-Zone nicht kommen lassen, die EZB könnte wieder ein wenig Notfall-Geld bereitstellen. In letzter Sekunde könnte ein Rettungskredit aufgelegt werden. Der Schuldenstreit würde immer weiter verlängert.

Griechenland könnte andererseits einlenken und endlich die Forderungen der internationalen Kreditgeber erfüllen. Dann wäre ein finanzieller Ausweg da, aber die Tage der Links-Rechts-Radikalen in Athen auf den Regierungsposten wären wahrscheinlich gezählt, weil die überzogenen Wahlversprechen nicht eingehalten werden können. Neuwahlen und weiteres politisches Chaos drohten.

Die Szenarien für Griechenland, die in Brüssel hin und her gewälzt werden, enden leider alle so wie die griechische Tragödie: Mit dem Untergang des Helden.

Und das im Moment alles nur wegen ein paar Milliarden, um Griechenland über die nächsten Wochen zu retten. Der richtig dicke Brocken kommt im Sommer. Dann muss ein drittes Hilfspaket geschnürt werden. Umfang zwischen 20 und 40 Milliarden Euro. Oder noch ein bisschen mehr, falls die Regierung in Athen noch mehr Vertrauen verspielt. Diese letzten Märztage sind also erst der Tragödie erster Teil. Die wahren Griechenland-Festspiele folgen im Sommer.

Es sei denn Angela Merkel ändert ihre Meinung und lässt Griechenland doch fallen.