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Kommentar Niebel

Volker Wagener2. Juli 2014

Wechsel von Bundespolitikern in die Wirtschaft sind keine Seltenheit mehr. Dass der frühere Entwicklungsminister nun jedoch ausgerechnet bei einem Rüstungskonzern anheuert, ist ein Skandal, meint Volker Wagener.

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Bundesentwicklungsminister Niebel im Kongo (Foto: picture-alliance/dpa)
Dirk Niebel mit seiner Lieblings-Kopfbedeckung als Entwicklungsminister im KongoBild: picture-alliance/dpa

Dieser Mann geht schon seit langem ziemlich breitbeinig durchs Leben. Und jetzt auch das noch: Dirk Niebel, Ex-Minister für das Ressort helfen, wiederaufbauen und Not lindern, wird nun Waffen-Lobbyist. Ein dreister Fall von Seitenwechsel, ja! Aber auch ein Beispiel für Entartungen im politischen Geschäft. Niebels Anschlussverwendung ist nüchtern betrachtet nur die konsequente Weiterentwicklung in der Wertschöpfungskette eines Karriere-Politikers. Nach dem Motto: Wenn es in der Politik nicht mehr weiter geht, muss es eine Dividende in der freien Wirtschaft geben. Dieser geradezu irrwitzige Wechsel ist zum Glück nicht die Norm. Er ist vielmehr ein echter Niebel-Deal. Wundern müssen wir uns nicht darüber, dass der ehemalige Spitzenliberale nun zu Rheinmetall wechselt. Wundern müssen wir uns darüber, dass Niebel überhaupt Entwicklungshilfeminister werden konnte!

Fetisch Feldjägermütze

Der Mann spielt gerne Rugby. Seine massige Statur und seine Körpersprache harmonieren perfekt mit seinem verbalen Stil. Hau drauf ist sein Markenzeichen. Wenn die Linke gegen ihn wetterte, freute er sich - egal ob als FDP-Generalsekretär oder als Entwicklungshilfeminister. Niebel war immer schon ein klassischer Politikervertreter der Abteilung Attacke. Um das auch visuell allen klar zu machen, trägt der frühere Zeitsoldat gern und häufig eine Feldjägermütze der Bundeswehr. Nicht nur privat, auch als Minister auf Dienstreise. Die Mütze wurde zum Politikum: Sie sei ein Symbol dafür, dass Niebel die Entwicklungspolitik militarisieren wolle, argwöhnten seine zahlreichen Kritiker.

Nach den Grundsätzen der komplizierten koalitionspolitischen Regeln war 2009 für Dirk Niebel kein anders Ressort zu ergattern, als das für Entwicklung. Also das offensichtlich ungeeignetste für den liberalen Dynamiker, der noch kurz zuvor öffentlich die Abschaffung dieses Ministeriums gefordert hatte. Niebel hat Entwicklungshilfe nie nur als karitatives Politikmittel verstanden. In der Tradition seiner Partei hatte er stets auch den Aspekt des wirtschaftlichen Nutzens für den Geber im Auge. Auf das Ökonomische kann er sich nun voll und ganz konzentrieren.

DW-Redakteur Volker Wagener (Foto: DW)
DW-Redakteur Volker WagenerBild: DW

Pikant an dem Wechsel ist auch Niebels Mitgliedschaft im Bundessicherheitsrat während seiner Ministerjahre. In dem exklusiven Gremium werden Entscheidungen über Rüstungsexporte gefällt. Zum Beispiel der über die Lieferung von 1.000 Panzern des Typs "Fuchs 2" aus dem Hause Rheinmetall nach Algerien. Die Sitzungen sind geheim, wie Niebel damals als Minister gestimmt hat ist unbekannt. Viele Fragen bleiben: Hat Niebel als Politiker für Aufträge an Rheinmetall gestimmt? Zeigt sich das Düsseldorfer Unternehmen nun erkenntlich für politische Mithilfe an Milliardengeschäften?

Die FDP und das alte Klischee

Für die FDP ist die Causa Niebel ein Nackenschlag. Die Partei, die jahrzehntelang Bundespolitik in Bonn und Berlin mitgestaltet hat, wird seit der Bundestagswahl 2013 nur noch am Rande wahrgenommen. Ein Grund, warum die Liberalen nicht mehr attraktiv sind, liegt an ihrer Klientel-Politik. Die FDP galt immer schon als "Zahnarzts Liebling", als Partei der Besserverdienenden. Niebels Waffen-Job wirkt da wie eine zynische Bestätigung. Dass er dabei penibel die Mindestkarenz-Zeit von einem Jahr zwischen Ministeramt und Lobbyist einhält, ist da fast vernachlässigenswert.