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Kommentar: Neuer und der neue Vertrag

Herbert Schalling
22. April 2020

Bayern München liefert ungewohnte Schlagzeilen. Die Verlängerung des Vertrages mit Torhüter Manuel Neuer zieht sich hin. Details sind öffentlich geworden. Nicht gut fürs Image des Rekordmeisters, meint Herbert Schalling.

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DFB-Pokal | FC Schalke 04 vs. FC Bayern München
FC-Bayern-Keeper Manuel Neuer: "Ich möchte solange spielen, wie ich fit bin."Bild: Imago-Images/foto2press/M. Ewert

Verträge handeln sie in München für gewöhnlich still und diskret aus. Hinter den Kulissen. Auf der Bühne wird danach nur noch das Ergebnis verkündet. Wie bei Trainer Hansi Flick und Stürmer Thomas Müller, deren Arbeitspapiere jüngst bis 2023 verlängert wurden.

Aus den Gesprächen über die Zukunft von Manuel Neuer nach Ende seines aktuellen Vertrages im Sommer 2021 sind dagegen Details nach außen gedrungen. Darüber zeigte sich der Bayern-Torwart am Wochenende in einem Zeitungsinterview verärgert. Solche Indiskretionen kenne er von früheren Vertragsgesprächen nicht, ließ Neuer wissen. Er sei irritiert, weil die kolportierten Fakten  - fünf Jahre Vertrag, 20 Millionen Euro Gehalt pro Jahr - ganz und gar nicht der Wahrheit entsprächen. Das Wichtigste sei für ihn jedoch, Vertrauen zu spüren. Was wohl heißen sollte, genau das vermisse er. Ein ziemlich grantiger Gruß an den Arbeitgeber vom sonst eher über-diplomatischen Neuer.  

Der mittlerweile 34-Jährige ist in seinen fast neun Münchener Jahren mit den Bayern nicht nur mehrfach Meister und Pokalsieger geworden, er hat in der Champions League triumphiert und ist zum Torhüter der Nationalmannschaft aufgestiegen. Aus dem Ruhrpott-Jungen ist ein überzeugter "Lederhosen-Träger" geworden, ein Repräsentant des FC Bayern. Weltweit. Verständlich, dass er von "seinem" Verein einen anderen Umgang erwartet.    

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DW-Sportredakteur Herbert Schalling

Zu seinem Frust beigetragen hat wohl auch, dass die Bayern vor einiger Zeit Alexander Nübel verpflichtet haben. Der junge Torhüter kommt im Sommer - wie einst auch Neuer - von Schalke 04. Er soll zu seinem Nachfolger aufgebaut werden, ab und an auch spielen. Für ihn gäbe es nichts besseres, als vom "besten Torwart der Welt" zu lernen, sagt Oliver Kahn, selbst jahrelang Hüter des Bayern-Tores und seit Januar Vorstandsmitglied beim FC Bayern. Aber wie lange soll dieses Lernen dauern? Ein Jahr oder zwei, vielleicht sogar drei? Wie passt das zum Wunsch Manuel Neuers "solange zu spielen, wie ich fit bin"? Viele Fragen - aber (bisher) keine Antworten.

Mit der Verpflichtung von Nübel durchbrechen die Bayern zudem ein bewährtes Prinzip. Wer immer in der Vergangenheit beim deutschen Vorzeigeklub Ersatztorwart sein wollte, musste vor allem zwei Anforderungen erfüllen. Erstens: Sein Handwerk auf hohem Niveau beherrschen, um jederzeit für die Nummer eins  einspringen zu können. Und zweitens: Keine Ansprüche auf einen dauerhaften Platz zwischen den Pfosten stellen. Diese sportliche Zurückhaltung wurde stets finanziell entsprechend vergütet.

Die Bayern haben sich in eine Lage manövriert, aus der sie aus eigenem Interesse schnell wieder heraus kommen müssen. Neuer halten - Nübel nicht die Perspektive nehmen. Das ist jetzt die Aufgabe. Es gibt Stimmen die meinen, bei Uli Hoeneß wäre es so weit nicht gekommen. Jetzt ist die aktuelle Bayern-Spitze gefragt. Vor allem Sportdirektor Hasan Salihamidzic, der im Juli zum Sportvorstand befördert werden soll. Ein Scheitern in der Causa Neuer wäre da keine gute Empfehlung.