Das wird dann selbst der Kanzlerin zu denken geben, von der immer wieder mal zu hören ist, dass sie Umfragen kein so großes Gewicht beimisst: 65 Prozent der Befragten sind unzufrieden mit ihrer Asyl-und Flüchtlingspolitik, sieben Prozent mehr als noch im April. Womit das ursächlich zu tun hat, wird an anderer Stelle der Umfrage deutlich: Zwischen dem vorigen Deutschlandtrend und dem aktuellen lagen die islamistischen Anschläge von Würzburg und Ansbach sowie der Amoklauf von München. Und seitdem hat die Zustimmung zur Arbeit der Kanzlerin von 59 auf 47 Prozent abgenommen. Der, der sie am schärfsten kritisiert, CSU-Chef Horst Seehofer, kann um fast den gleichen Wert zulegen und liegt nun fast gleichauf mit seiner Rivalin. In ganz Deutschland wohlgemerkt, nicht allein in Bayern.
Ein klarer Trend: Sorgen ernst nehmen, bitte!
Natürlich: Der Amoklauf von München hatte mit Merkels Flüchtlingspolitik gar nichts zu tun, und die beiden islamistischen Attentäter, die in Würzburg und Ansbach Verbrechen begingen, waren schon länger im Land, nicht erst seit Merkel - wie ihre Kritiker sagen - alle Tore öffnete. Aber die Verunsicherung der Menschen wird doch jetzt spürbar: 76 Prozent, eine stattliche Mehrheit, fürchten weitere Anschläge in Deutschland. Es herrscht das Gefühl vor, dass die Kanzlerin die Sorgen der Menschen nicht ernst nimmt. Daran ist auch ihr abwartender Politikstil schuld. Erst Tage nach den Anschlägen kam Merkel aus dem Urlaub nach Berlin und erklärte sich vor der Presse. Das zeigt: Sie hat starke Nerven und will eine Hysterie vermeiden. Aber die Menschen überfordert das vielleicht doch.
Götterdämmerung? Eher nicht…
Und jetzt? Götterdämmerung für die CDU-Kanzlerin, elf Jahre nach ihrem Amtsantritt? Nein, das geben die Zahlen nicht her. Die Menschen schauen offenbar ziemlich genau hin. Der gleiche Horst Seehofer, dessen Zustimmungswerte so stark stiegen, bekommt durchaus sein Fett weg: 64 Prozent der Befragten sagen über die CSU, ihr seien eigene Interessen wichtiger als der Erfolg der Regierung. Querulanten kommen halt nie gut an.
Und überhaupt, auch wenn die Kritik an Merkel wächst: Eine Alternative sehen die Bundesbürger zu der Frau im Kanzleramt offenbar nicht. Die politische Stimmung übersteht die Einbrüche von Merkels Beliebtheit verblüffend stabil: Wäre jetzt Bundestagswahl, kämen CDU und CSU unverändert auf 34 Prozent. Die rechtspopulistische AfD kann von der größeren Terrorangst nicht profitieren und verbleibt bei zwölf Prozent, woran sicher auch ihre offen zur Schau getragenen Personalquerelen beigetragen haben. Mit anderen Worten, die Umfrage sagt: Gelbe Karte, regieren Sie weiter Frau Merkel, aber ab jetzt auf Bewährung. Und nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir, die Bürger, uns sorgen.
Ein deutliches Urteil über Erdogan
Und heikel könnte für Merkel auch werden, wenn sie weiter (und danach sieht es aus) am Flüchtlingsabkommen mit der Türkei festhält. Einhellig verurteilen die Menschen, was gerade in der Türkei geschieht. 90 Prozent sehen die Demokratie dort gefährdet. Und sie fordern von Deutschland einen klaren Kurs. Notfalls soll Merkel den Deal aufkündigen. Jedenfalls: Keine Visa-Freiheit für die Türken. Das sagen satte 70 Prozent.
Es gibt ganz einfach niemanden, dem die Menschen zutrauen, an Stelle der Kanzlerin die Zügel in die Hand zu nehmen. Ausruhen sollte sich Angela Merkel darauf aber nicht mehr.
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