1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Mehr Fragen als Antworten

Jens Thurau30. Oktober 2014

Was bringt junge Menschen aus Deutschland dazu, für den „Islamischen Staat“ in den Dschihad zu ziehen? Der erste Prozess in Deutschland gegen einen Rückkehrer hat bislang wenig aufklären können, findet Jens Thurau.

https://p.dw.com/p/1DehP
Terrorprozess gegen Syrien-Rückkehrer in Frankfurt am Main ARCHIV 15.09.2014
Der Angeklagte Kreshnik B. mit seinem Anwalt im Gerichtssaal in FrankfurtBild: picture-alliance/dpa/Boris Roessler

Da saßen sie - und schauten sich ratlos an. Richter, Staatsanwälte und Journalisten waren nach vier Stunden im Gerichtssaal des Oberlandesgerichts in Frankfurt am Main so schlau wie zuvor. Dabei ist der Angeklagte Kreshnik B., 20 Jahre alt, der ein halbes in Syrien für die IS-Terrormiliz kämpfte, zur Aussage bereit. Aber mit einer eigentümlichen Mischung aus Unbedarftheit und mangelndem Ernst wirft seine Aussage mehr Fragen auf, als sie beantwortet.

Wer hat den gebürtigen Kosovaren in Deutschland radikalisiert? Wer half ihm, nach Syrien zu gelangen? Wie verlief die Zeit dort? Wer half ihm bei der Rückkehr? An all das kann sich Kreshnik B. kaum erinnern. Offensichtlich ist, dass er keine Namen nennen will. aus Korpsgeist? Oder weil er sich vor Racheakten früherer Gesinnungsfreunden fürchtet? Auch das bleibt offen.

Verzweifelte Angehörige

Schlicht, kurz und oft widersprüchlich sind seine Angaben. Und im Zuschauersaal sitzt seine verzweifelte Familie - Vater, Mutter, zwei Schwestern - die ihn, soviel immerhin ist klar, schließlich zur Aufgabe überredete.

Unbedarftheit - dieses Wort kommt einem immer wieder in den Sinn, wenn man Kreshnik B. zuhört. Vielleicht ist das ja eine Antwort: Unsichere junge Männer geraten in das Visier von radikalen Islamisten, lassen sich aufstacheln. Vor 2011, sagt der junge Mann, sei er gar nicht religiös gewesen. Und auch das: Ein großes Abenteuer habe er sich durchaus versprochen - aber er durfte nicht! Die arabischen Dschihadisten in Syrien hätten das Sagen gehabt, den "Europäern" wird offenbar wenig zugetraut. Da wirkt der Angeklagte fast beleidigt. Die IS-Terrormiliz als Fortsetzung von Phantasien, die bei Computer-Gewaltspielen entstehen?

DW-Mitarbeiter Jens Thurau
DW-Korrespondent Jens ThurauBild: DW/D. Engels

Das Entscheidende bleibt nebulös

Bei allem Bemühen des seelenruhigen Richters Thomas Sagebiel: Was junge Deutsche letztendlich treibt, Teil eines mörderischen Spiels zu werden, bleibt im Nebel. Aber so geht es ja auch der Polizei, dem Verfassungsschutz, dem Bundesnachrichtendienst. Fast täglich werden die Zahlen junger Männer aus Deutschland, die sich aufmachen ins Kriegsgebiet, nach oben korrigiert. Was sie treibt, ist so unklar wie zuvor. Und genau das macht sie so gefährlich.