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Politik

Macron - das Gegengift zu Trump

Michael Knigge Kommentarbild App *PROVISORISCH*
Michael Knigge
25. April 2018

Emmanuel Macrons Staatsbesuch bei Donald Trump war ein Erfolg. Seine bewegende Rede im US-Kongress zeigt, dass seine enge Beziehung zu Trump ihn nicht davon abhält, sich ihm entgegenzustellen, meint Michael Knigge.

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Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei seiner Rede vor dem US-Kongress
Bild: Reuters/A. Bernstein

Emmanuel Macrons ausgedehnter Besuch in den USA bestand aus zwei Teilen. Im Mittelpunkt des ersten Teils standen vor allem er selber und US-Präsident Donald Trump. Der hatte zum ersten Staatsbesuch seiner Amtszeit den französischen Präsidenten nach Washington eingeladen. Macron erläuterte gelegentlich höflich politische Differenzen, trat seinem Gastgeber insgesamt aber respektvoll gegenüber.

Macron kam - wie andere Regierungschefs auch, namentlich die deutsche Kanzlerin - nicht um die Trump-typische Behandlung herum: In dem Versuch, seinen Ehrengast (so wörtlich) "more pretty" - "hübscher" - zu machen, schnippte Trump ein paar angebliche Schuppen von Macrons Anzug. Trump hauchte dem französischen Präsidenten auch einen Luftkuss zu und gab sich überhaupt so stürmisch wie üblich.

Trumps Klamauk

In seinen öffentlichen Äußerungen und während einer gemeinsamen Pressekonferenz bewegte Trump sich bei keinem der Themen, die für sein französisches Gegenüber wichtig waren: der Verlängerung des Atomdeals mit dem Iran, dem weiteren Engagement der USA in Syrien nach dem Sieg über den sogenannten "Islamischen Staat", dem Kampf gegen den Klimawandel und einem Ende der Drohungen, Zölle gegen EU-Einfuhren zu verhängen. Macron schaffte es, das alles zu umgehen und nicht peinlich berührt zu wirken angesichts von Trumps Slapstick-ähnlichem Klamauk und der unverblümten Zurückweisung seiner politischen Ziele.

DW-Washington-Korrespondent Michael Knigge
DW-Washington-Korrespondent Michael Knigge

Nach diesem ersten Teil konnte man den Eindruck bekommen, dass Trump Macron nicht als gleichwertigen Partner behandelte. Man konnte Mitgefühl mit Macron kaum vermeiden. Denn Trump überschüttete sein jüngeres Gegenstück mit Komplimenten, zeigte ihm George Washingtons Landsitz Mount Vernon und veranstaltete ein prunkvolles Staatsbankett für ihn im Weißen Haus. Danach aber zog er über Macrons Vorschläge öffentlich her. Macron bekam aus Trump nicht mehr heraus als dessen Standardformel: "Wir werden es bald wissen."

Macron verteidigt westliche Werte

Dann aber kam der zweite Akt von Macrons Besuch, bei dem er vor Senatoren und Abgeordneten des Kongresses sprach. Diese Rede hielt er auf Englisch - das allein ist ungewöhnlich für einen französischen Präsidenten. Was er dann ausführte, war nichts weniger als eine direkte Zurückweisung der Trumpschen Politik und der Taktik, die ihn an die Macht gebracht hat. Macron plädierte leidenschaftlich für Demokratie, Freiheit, Toleranz, Menschenrechte und internationale Zusammenarbeit - eine machtvolle Verteidigung der umkämpften Werte des Westens.

Das alles sagte Macron vor einem Kongress, den die Republikaner kontrollieren, die mit wenigen Ausnahmen einem Präsidenten den Rücken stärken, der diese Werte oft negiert oder ignoriert. Dass Macron seine Rede im Herzen der Demokratie der Vereinigten Staaten hielt, gab ihr zusätzliches Gewicht.

Wenn aber Macrons Besuch aus zwei so unterschiedlichen Teilen bestand, kann man ihn dann einen Erfolg nennen, zumal er Trumps Position zu zentralen Fragen kaum ins Wanken gebracht haben dürfte? Ja, aus zwei Gründen.

Erfolg für Macron - und für die Europäische Union

Erstens, weil man in Donald Trumps Washington dankbar sein muss für jeden kleinen Erfolg. Nach Trumps überraschendem Wahlerfolg spekulierten Beobachter in der Hauptstadt nur halb im Scherz, dass das erste Staatsbankett für Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban veranstaltet werde. So weit von der Wirklichkeit war das nicht - schließlich war der erste ausländische Politiker, der Trump nach seiner Wahl besuchte, Nigel Farage, der Vordenker des Brexit. Und gerade erst hat Trump Nordkoreas Diktator Kim Jong Un "sehr ehrenhaft" genannt.

Vor diesem Hintergrund war die Einladung an Macron - den Präsidenten eines traditionell Verbündeten, aber auch ein zentrales Mitglied und Verteidiger der Europäischen Union - keine Selbstverständlichkeit. Im Gegenteil: Dies ist ein beachtlicher Erfolg sowohl für Macron als auch für die Europäische Union.

Zweitens hat Macron seinen Besuch genutzt, um - vor allem in seiner Rede vor dem Kongress - westliche Werte und europäische Einigkeit zu skizzieren und zu verteidigen. Indem er das bewegend und wortgewandt vorbrachte, hat er eine Vision der Welt gezeichnet, die als Gegengift zu Trumps Weltsicht beschrieben werden kann. Diese Alternative aufzuzeigen, war sowohl hochwillkommen als auch bitter nötig.

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